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Wird Software zum neuen Kundenanker im Wealth-Management?

Wird Software zum neuen Kundenanker im Wealth-Management?

Von Dr. Nicholas Ziegert, Geschäftsführer OWNLY FinTech GmbH

16. April 2025

Die Welt der privaten Vermögensverwaltung steht vor einem tiefgreifenden Wandel. Jahrzehntelang galten das Bankkonto und die klassische Vermögensverwaltung als zentrale Bezugspunkte für wohlhabende Kunden. Doch in Zeiten digitaler Plattformen und wachsender Asset-Komplexität geraten diese etablierten Ankerpunkte zunehmend ins Hintertreffen. An ihre Stelle treten technologiegetriebene Multi-Asset-Management-Lösungen, die sich anschicken, zur neuen Kommandozentrale des Wealth Managements zu werden.

Erosion etablierter Strukturen

Das Bankkonto – einst Ausdruck finanzieller Identität – ist längst zur Commodity geworden. Technologische Anbieter wie PayPal, Revolut oder Wise bieten Funktionen, die klassischen Zahlungsverkehr ermöglichen, ohne dabei an ein konkretes Institut zu binden. Selbst Großbanken öffnen sich, etwa durch White-Label-Banking, neuen Infrastrukturmodellen, bei denen die Kundenbindung zugunsten von Skalierbarkeit geopfert wird.

Ähnliches gilt für die Vermögensverwaltung. Was früher exklusiv einem vermögenden Kundenkreis vorbehalten war, ist heute via Robo-Advisory oder Exchange Traded Funds (ETFs) breit zugänglich. Die Demokratisierung des Zugangs geht einher mit einem gestiegenen Anspruch: Vermögende erwarten mehr als nur eine standardisierte Depotverwaltung. Anlageklassen wie Private Equity, Kryptowährungen, Venture Capital oder Sammlungsobjekte wie Kunst und Uhren erhöhen die Komplexität – und überfordern klassische Portfolioansätze zunehmend.

Software wird zur Schaltzentrale

Moderne Multi-Asset-Management-Plattformen bieten mehr als nur aggregierte Kontostände. Sie vernetzen Datenquellen aus Banken, Wertpapierdepots, Krypto-Börsen und illiquiden Märkten, liefern Echtzeitanalysen und ermöglichen Szenarien für Risikosteuerung und Steueroptimierung. Die Plattform wird so zur zentralen Schnittstelle zwischen Kunde, Berater und Kapitalmarkt.

Drei strukturelle Trends treiben diese Entwicklung voran:

  • Transparenz: Vermögende Kunden verlangen eine ganzheitliche Sicht auf weltweit verstreute Assets – in Echtzeit und auf Knopfdruck.
  • Agilität: In zunehmend volatilen Märkten gewinnen Geschwindigkeit und automatisierte Entscheidungsmodelle an Bedeutung.
  • Individualisierung: ESG-Kriterien, Nachfolgeplanung und Liquiditätsbedarfe verlangen flexible, individuell konfigurierbare Systeme.
Parallelen aus anderen Branchen

Technologischer Wandel verschiebt nicht zwingend Branchen, wohl aber Machtzentren. Amazon begann als Buchhändler, wurde aber durch Logistikkompetenz und Kundendaten zur dominanten Plattform. Apple veränderte nicht das Musikgeschäft, aber mit iTunes (und später Spotify) die Zugangslogik. Im Finanzwesen war es Bloomberg, das mit seinen Terminals nicht neue Produkte, sondern neue Zugriffsmöglichkeiten auf Daten und Kommunikation schuf – und damit zum De-facto-Standard wurde.

Auch im Wealth Management kristallisiert sich eine ähnliche Dynamik heraus: Nicht der Asset-Manager per se, sondern derjenige, der den digitalen Zugang zum Vermögen kontrolliert, gewinnt strategische Relevanz.

Transformation der Beraterrolle

Wird Software den klassischen Berater ersetzen? Wahrscheinlicher ist eine tiefgreifende Rollenveränderung. Die Zukunft liegt in hybriden Modellen, in denen technologische Effizienz und menschliche Urteilskraft sich ergänzen.

  • Strategie statt Administration: Der Berater wird zum Architekten individueller Vermögensstrategien – unterstützt durch KI-gestützte Analytik.
  • Kollaboration in Echtzeit: Digitale Dashboards machen Risiken, Szenarien und Allokationen unmittelbar greifbar – Beratung erfolgt synchron und datenbasiert.
  • Skalierbarkeit: Auch kleinere Vermögen lassen sich durch Automatisierung rentabel betreuen – ein Hebel insbesondere für Family Offices und Privatbanken.
Potenziale für die Branche

Die Vorteile liegen auf der Hand: Höhere Effizienz durch Automatisierung, stärkere Kundenbindung durch Transparenz und eine größere Innovationskraft durch modulare Softwarearchitekturen. Digitale Plattformen erlauben es, neue Kundensegmente zu erschließen – etwa digital affine Erben oder international agierende Unternehmerfamilien.

Vom Produkt zur Plattform

Die Ära des Bankkontos als alleiniger Kundenanker ist zu Ende. Multi-Asset-Management-Lösungen übernehmen diese Rolle – nicht, weil sie alte Strukturen zerstören, sondern weil sie die zunehmende Fragmentierung des Vermögens effizient beherrschbar machen. Doch Technologie allein genügt nicht. Der Mensch bleibt entscheidend: als Interpret komplexer Finanzlagen, als vertrauenswürdiger Gesprächspartner in volatilen Zeiten und als langfristiger Gestalter individueller Strategien.

Die Lehre aus der Innovationsgeschichte lautet: Nicht diejenigen, die Technologie als Bedrohung begreifen, werden die Zukunft prägen – sondern jene, die sie als Enabler verstehen. Das Wealth Management der Zukunft entsteht dort, wo Software und menschliche Expertise keine Gegensätze bilden, sondern sich wechselseitig verstärken.

 

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Eine kurze Geschichte des Geldes

Eine kurze Geschichte des Geldes

Dr. Nicholas Ziegert

23. Februar 2024

1. Tauschwirtschaft

Geld war wahrscheinlich nach der Erfindung des Feuermachens, des Ackerbaus und der Domestizierung von Haustieren eine der wichtigsten Erfindungen der Menschheit. 

Der Grund ist einfach: Geld hat Arbeitsteilung erst in dem Ausmaß für die Menschen  möglich gemacht, dass sich viele Berufe entwickeln konnten. In Anfängen konnte zwar auch die Tauschwirtschaft dem Fischer ermöglichen, Milch vom Milchbauern eingetauscht zu bekommen. Die Tauschwirtschaft hat sich aber nur auf die fundamentalen Lebensgrundlagen bzw. Nahrungsmittel konzentriert und war von Zufällen abhängig, was es gerade gab.

Mit dem Geld, was ein Spezialist, z.B. für das Schmieden erhielt, konnte er alles einkaufen, unabhängig davon, ob z.B. der Milchbauer gerade ein Schwert benötigte. Geld ist also ein universelles Tauschmittel, eine Art Gutschein oder eine Wertaufbewahrung, mit der man sich anderes kaufen kann. 

Bei Homer waren übrigens Rinder eine Grundlage für die Berechnung anderer Gegenstände im Tauschhandel. Der spätere lateinische Begriff pecunia für Geld leitet sich auch deshalb vom Wort für Vieh ab, nämlich pecus.

Der Wandel von Tauschgegenständen zu Geld war fließend. Erst wurden mutmaßlich kleinere, transportable Dinge, die von vielen als wertvoll angesehen wurden, als Geld genutzt. 

Ein schönes Beispiel ist das Muschelgeld bzw. Kaurimuscheln aus Afrika oder Polynesien. In unseren Breitengraden hat man gern Tierfellen, Steinkeilen oder Waffen getauscht. Später fanden die Menschen Edelmetalle wie Silber, Gold oder Bronze und nutzten diese als Geld. 

Dieses sog. Warengeld war nicht nur wichtig vor vielen Jahrhunderten, sondern auch in der Neuzeit in Krisenlagen. U.a. nach dem Zweiten Weltkrieg, als die Reichsmark wertlos wurde, wurde wieder getauscht – und zwar mit Zigaretten.

2. Die Erfindung der Münzen

Als Ursprungsland für die Münzen gilt Lydien (heute der Ostteil der Türkei) vor über 2.700 Jahren. Goldfunde wurden platt geklopft und ein Zeichen von Tieren oder mythologischen Figuren und später des Königs wurde eingeritzt oder gestempelt. Diese Idee erwies sich als so bahnbrechend, dass sich das Prinzip Münze schnell über den ganzen Mittelmeerraum verbreitet hat. Insbesondere die Händler, wie die Phönizier verbreiteten die Münze. Fürsten und Könige prägten gern Münzen mit ihrem eigenen Konterfei, oder alternativ mit denen von Göttern.

3. Das erste Papiergeld

Aber immer schwere Geldsäcke mit sich rumtragen war auch nicht so jedermanns Sache, jedenfalls nicht in China: hier reichten im 10. Jahrhundert Händler Münzen bei Ihren Fürsten bzw. Regierenden ein und erhielten eine Art Quittung aus Papier, die sie fortan auch zum Bezahlen benutzten. Das Papiergeld war erfunden. Es dauerte aber noch ein paar Jahrhunderte, bis sich diese Idee auch in Europa durchsetzte. Marco Polo schrieb in seinen Reiseberichten über das Papiergeld. Er wusste auch, dass die Ablehnung des Papiergeldes in China unter Strafe stand – der Todesstrafe.

Es gibt aber Historiker, die auch schon bei den nord-ost-europäischen Slawen erste Formen von Papiergeld sahen:  Ebenfalls im 10. Jahrhundert nutzten sie dünne Stofftüchelchen als eine Art Ersatz für Münzen.

4. Trennung von Wert des Geldes und Wert des Materials

Mit dem Papiergeld gab es aber bald neue Probleme. Man muss auf den Wert der aufgedruckten Zahl vertrauen. Viel wert war das Papier ja als Stoff nicht. Papiergeld kann man sich also in der Ursprungsform auch als eine Art Kredit an den Herausgeber vorstellen – besichert – hoffentlich durch echte Münzen oder Edelmetalle.

Papiergeld war vielleicht der erste Sündenfall in der Geschichte des Geldes.  Denn, wer die Macht hatte, Werte zu schaffen, indem auf Papier eine Zahl geschrieben wird, war leicht in Versuchung zu führen. Dies galt sowohl für Fürsten und andere Regierende als auch für Fälscher. 

5. Wirtschaftlich

Wirtschaftlich führte Geld dazu, dass sich erstmals so etwas wie Reichtum – und damit auch die Kehrseite , die Armut – bilden konnte. Seit jeher sammelte sich bei denjenigen Personen besonders viel Geld an, die entweder besondere Talente in ihren Berufen, besonderen Geschäftssinn beim Handel, oder auch Ruch-und Skrupellosigkeit bei ihrem Geschäftsgebaren zeigten.

Einer der reichsten Bürger im Spätmittelalter war Jakob Fugger der Jüngere, dessen Vermögen dasjenige vieler Könige um einiges überstieg und er ihnen sogar Geld leihen musste. So ein bißchen wie Hans im Glück waren die Fugger erst Händler, dann verliehen sie Geld, bekamen für ihre Kredite an Königshäuser im Gegenzug Schürfrechte in Silberminen und legten die Erträge hieraus wieder in der Erweiterung ihrer Geschäfte in ganz Europa an.

Damals entstand auch der Zweig der Geldwechsler und Bankiers. Denn jedes Fürstentum prägte eigene Münzen (das sog. Münzregal ist das Recht Münzen zu schaffen). Es gab keine Standards. Und irgendjemand musste feststellen, wie viel eine Münze eines Fürstentums in der Währung eines anderen wert war.

6. Geld als politisches Instrument

Geld war natürlich auch ein politisches Machtinstrument. Auch Fürsten und Könige mussten Waren und Soldaten bezahlen, Geschenke für andere Fürsten kaufen und sich selbst Schlösser finanzieren. Fürsten verschuldeten sich, um Kriege zu finanzieren, machten die Rückzahlung billiger, indem sie Silbermünzen billigere Metalle beimischten. Später druckten Regierungen ihr Geld um ihre Schulden wegzuinflationieren.

Übrigens stammt die Aussage, Geld stinkt nicht: pecunia non olet – von den öffentlichen römischen Latrinen, die schon damals für die Möglichkeit der Verrichtung der Notdurft Geld bzw. eine Gebühr verlangten.

7. Psychologische Wirkung von Geld

Aus der Glücksforschung nimmt man an, dass man etwa ab einem Betrag von heute etwa EUR 70-80.000 Jahreseinkommen durch mehr Geld nicht mehr proportional glücklicher wird. Das sagt uns folgendes: Kein Geld kann unglücklich machen, weil es Nöte hervorruft. Aber ist Geld erstmal für die notwendigen Dinge im Leben da, kann der Status-Effekt auch anders erreicht werden und zum Glück beitragen, wie etwa durch Applaus, öffentliche Anerkennung, sportliche Leistung, Liebe, kreativer Ausdruck etc.

Aber es ist schon richtig, dass der Status, der aus Geld erzielt wird, für Viele wichtig bleibt, weil es einfach eine einfache Messgröße ist. Zwar zeigt heutzutage niemand sein Bankkonto öffentlich. Aber durch das Zeigen von Luxusgegenständen bzw. eines luxuriösen Lebensstils versteht die Umwelt natürlich schon, wie es mit dem Zaster so steht.

Übrigens gab es bis vor etwa hundert Jahren in vielen Städten – auch in unserer Heimatstadt Hamburg – ein öffentliches Steuerregister, in dem die Zahler der höchsten Steuern (und damit mit den höchsten Einkommen) aufgelistet wurden. Dies war so ein bisschen wie die “500 Reichsten Deutschen”- Liste des Manager Magazins – nur eben offiziell. Ich suche seit Jahren nach einem der letzten Bände dieses Steuerregisters für Hamburg – bitte melden, wer eines zu verkaufen hat!

Geldscheine und Münzen sind aber auch Träger von wichtigen Themen der Regenten oder Nationen.

In der Zeit vor dem Euro, als wir noch Kronen, Lira, Forinth und die Deutsche Mark hatten, sah man die kulturelle Vielfalt Europas schon auf den Geldscheinen. Sie erzählen fast immer die Geschichte eines Landes, oder was dem Land wichtig ist. Zwar bebildert auch die Europäische Union unseren Euro mit wichtigen Bildern aus den Mitgliedstaaten. Die Vielfalt von früher ist jedoch nicht mehr erreicht.

Wichtige Gebäude (in Ägypten die Pyramiden natürlich), Personen (in England die Queen, in Deutschland Clara Schumann oder Carl Friedrich Gauß), oder Ereignisse werden so dargestellt. Taiwan hat die Ausgabe der ersten Taiwanwährung im Jahr 1949 50 Jahre später durch Abbildung dieser Geldscheine auf aktuellen Banknoten gewürdigt und fördert damit den Nationalstolz der relativ jungen Nation.

8. Heute

Heute wacht die Europäische Zentralbank über unser Geld. Sie steuert die Geldmenge – sowohl diejenige, die als Papiergeld im Umlauf ist, als auch das auf Bankkonten befindliche Geld.

Es hat sich nämlich die Erkenntnis durchgesetzt, dass etwas so wichtiges wie Geld nicht in die Hände von Politikern bzw. Regierenden gehört (siehe oben, die Bundesbank agiert weisungsunabhängig von der Bundesregierung). Deshalb ist die EZB auch unabhängig von politischen Weisungen. Sie soll als Grundlage für die Europäische Wirtschaft Stabilität im Euro halten – mal mehr mal weniger erfolgreich. Als Ziel ist etwa eine Inflation von etwa zwei Prozent vorgesehen. Um diesen Wert schwankte der Euro auch lange – bis die Schuldenkrise Südeuropas, Corona und jetzt die durch den Ukrainekrieg entstandene Inflation von in der Spitze 8% hochschnellen ließ. Das ist aber verglichen mit der Hyperinflation aus den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts immer noch zahm. Und die Inflation ist jetzt ja auch wieder deutlich gesunken.

Das Geld wird im Wesentlichen über die Geschäftsbanken in den Wirtschaftskreislauf gebracht, indem diese mal leichter, mal schwerer – also günstiger oder teurer – sich selbst refinanzieren können. Das steckt auch hinter den oft in den Nachrichten genannten Informationen über Erhöhung oder Absenkung der sog. Leitzinsen. Wird der Leitzins durch die EZB – oder in den USA durch die FED (US Federal Reserve) – erhöht, wird es für Banken teurer sich zu refinanzieren. Sie können dadurch weniger Kredite an Wirtschaftsunternehmen vergeben, die dadurch weniger investieren oder an die Arbeitnehmer auszahlen können. So wird die Inflation gebremst – aber eben auch die Wirtschaft. Wird der Leitzins gesenkt, kann die Wirtschaft wieder richtig loslegen, aber die Inflation mag auch schneller ansteigen. Letzteres wäre nicht so schlimm, wenn die Gehälter im gleichen Maße stiegen. Der Automatismus existiert aber leider nicht. Ärmere Bevölkerungsschichten leiden deshalb oft mehr durch eine hohe Inflation, weil alles teurer wird, als dass sie von einem Wirtschaftsboom profitieren. Hier müssen die Gewerkschaften dann ran und in Lohnrunden einen Ausgleich zur Inflation aushandeln.

9. Geld in Zukunft

Währungen sind in der jüngsten Vergangenheit weniger neu geschaffen, jedoch auch weniger verschwunden als in früheren Jahrzehnten und Jahrhunderten. Was sich jüngst verändert hat, ist der digitale Weg, den das Geld als “Wertverrechnungsgröße” nimmt, über eine Smartwatch an der Supermarkt-Kasse, oder über wenige Klicks im Internet.

Bitcoin oder andere Kryptowährungen haben das sog. Fiat-Geld nicht ersetzt. Die EZB wappnet sich jedoch bereits und hat die Einführung eines digitalen Euros angekündigt. Ob und wie dies unser Leben mit Geld verändert, wird die Zukunft zeigen.

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Gegen den Strom: Sind Investitionen in ESG-schwache Unternehmen mutig oder gerade smart?

Gegen den Strom: Sind Investitionen in ESG-schwache Unternehmen mutig oder gerade smart?

Dr. Nicholas Ziegert/ Jasmine Barendt

2. November 2023

In der komplexen Welt des nachhaltigen Investierens stehen Anleger heute vor einer wichtigen Entscheidung: Sollten sie ihr Kapital in Unternehmen mit bereits hohen ESG-Scores investieren oder doch in jene, die niedrige oder sogar negative Scores aufweisen? Diese Entscheidung ist nicht nur eine Frage des finanziellen Gewinns, sondern hat direkten Einfluss auf die Förderung von Nachhaltigkeit und sozialer Verantwortung in der Unternehmenswelt.

Große Unternehmen und Finanzdienstleister sind heute verstärkt in der Pflicht, ihre ESG-Praktiken offenzulegen und Rechenschaft abzulegen. ESG steht hierbei für Umwelt (Environmental), Soziales (Social) und Unternehmensführung (Governance). Diese Faktoren sind von entscheidender Bedeutung, da sie die langfristige Nachhaltigkeit von Unternehmen beeinflussen und direkte Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesellschaft haben. Unternehmen, die ihre ESG-Praktiken vernachlässigen, riskieren nicht nur finanzielle Verluste, sondern gefährden auch ihre Reputation und Glaubwürdigkeit.

Die Bedeutung von ESG für Privatinvestoren

Obwohl Privatinvestoren nicht denselben regulatorischen Anforderungen unterliegen wie Großunternehmen und Finanzdienstleister, wächst das Interesse daran, wie sie mit ihren Investitionen zu umweltfreundlicheren, sozial verantwortlicheren und besser geführten Unternehmen beitragen können. Privatinvestoren können eine Schlüsselrolle bei der Förderung von ESG-Praktiken spielen. Mit ihren Investitionen verfolgen sie nicht nur Rendite, sondern tragen auch zur Gestaltung einer nachhaltigeren und ethisch orientierten Wirtschafts- und Unternehmenswelt bei. Durch gezielte Investitionen in Unternehmen, die dringend Verbesserungen benötigen, treiben sie den Wandel voran und fördern positive Entwicklungen.

Investitionen in Unternehmen mit hohen ESG-Scores: Die Stärken und Herausforderungen

Die Entscheidung, in Unternehmen mit bereits hohen ESG-Scores zu investieren, ist zweifellos sinnvoll. Diese Unternehmen haben sich als Vorreiter im Bereich Umwelt, Soziales und Unternehmensführung etabliert und zeigen ein starkes Engagement für langfristige Nachhaltigkeit. Investoren können dazu beitragen, ihre wegweisenden Bemühungen zu würdigen, indem sie ihr Kapital zur Verfügung stellen.

Allerdings sollten sich Anleger bewusst sein, dass Investitionen in diese Unternehmen nicht unbedingt den größten Einfluss auf die ESG-Landschaft haben. Sie haben bereits Maßnahmen ergriffen, um ESG-Standards zu erfüllen und könnten weniger motiviert sein, starke Veränderungen vorzunehmen. 

Die Kraft des Wandels: Investitionen in Unternehmen mit niedrigen ESG-Scores

Nun ist aber die Frage, wie der bestmögliche Erfolg erzielt werden kann. Die Antwort auf diese Frage ist möglicherweise nicht so intuitiv, wie es auf den ersten Blick erscheinen mag. Es geht nicht nur darum, Unternehmen zu belohnen, die bereits gute ESG-Scores vorweisen und nur noch inkrementelle Verbesserungen erzielen können. Tatsächlich könnte der Schlüssel zum maximalen Impact darin bestehen, in jene Unternehmen zu investieren, bei denen die ESG-Scores noch sehr gering sind oder sogar ins Negative fallen.

Die traditionelle Zurückhaltung, in „schmutzige“ Aktiengesellschaften zu investieren, sollte einem aktiven Engagement in deren Transformation weichen. Diese Unternehmen, die mit niedrigen oder negativen ESG-Scores kämpfen, sind Herausforderungen und Chancen zugleich. Wenn Investoren in diese Unternehmen investieren, bieten sie einen stärkeren Anreiz für positive Veränderungen. Die Aussicht auf Kapital von Investoren kann dazu beitragen, dass diese Unternehmen ihre ESG-Performance verbessern und sich auf den Weg zu nachhaltigeren, sozial verantwortlicheren und besser geführten Praktiken begeben. Es erfordert Engagement, Geduld und die Bereitschaft, einen unkonventionellen Weg zu gehen, aber die Belohnungen können weitreichend sein, nicht nur für Ihr Portfolio, sondern auch für die Umwelt und die Gesellschaft.

Die Bedeutung von ESG-Scores in der Investmentwelt

In der Investmentwelt spielen ESG-Scores eine entscheidende Rolle, um Unternehmen anhand ihrer Leistung in den Bereichen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung zu bewerten. Investoren können sich an diesen Scores orientieren, indem sie auf öffentlich verfügbare Informationen zurückgreifen und ESG-Berichte von angesehenen Datenanbietern wie Bloomberg, Refinitiv, uprightplatform.com und Scope analysieren. Diese Berichte ermöglichen eine tiefgreifende Einsicht in die ESG-Performance von Unternehmen und erleichtern den Vergleich innerhalb einer Branche. Investoren sind somit in der Lage, Unternehmen gezielt auszuwählen, die ihren individuellen ESG-Kriterien am besten entsprechen. 

Die Bedeutung der Transparenzoffensive der EU

Darüber hinaus bieten die nachhaltigen Ziele und Strategien der Europäischen Union einen wertvollen Leitfaden für Investoren, um ihre Anlageentscheidungen im Einklang mit den EU-Nachhaltigkeitszielen zu treffen. Die Transparenzoffensive der EU in Bezug auf ESG spielt eine Schlüsselrolle bei der Ausrichtung von Investoren an ESG-Scores. Die EU hat Maßnahmen ergriffen, um die Offenlegung von Umwelt-, Sozial- und Unternehmensführung-Informationen durch Unternehmen zu fördern. Die Einführung von Offenlegungspflichten und einheitlichen ESG-Berichtsstandards ermöglicht es Investoren, zuverlässige ESG-Informationen abzurufen, die entscheidend für ihre Anlageentscheidungen sind. Dies erhöht die Transparenz und Qualität der ESG-Daten und befähigt Investoren, fundierte und verantwortungsbewusste Anlageentscheidungen zu treffen.

„Schmutzige Unternehmen“ und ESG-Herausforderungen

Die ESG-schwachen Unternehmen, darunter Ölkonzerne, Waffenhersteller, die Chemieindustrie und Fast-Fashion-Produzenten, stehen vor erheblichen ESG-Herausforderungen. Ölkonzerne sind mit Umweltauswirkungen und der Notwendigkeit nachhaltigerer Praktiken konfrontiert. Die Waffenindustrie muss sich kritischen Fragen zur Ethik und sozialen Verantwortung stellen. Die Chemieindustrie sieht sich mit Umweltrisiken konfrontiert, während Fast-Fashion-Hersteller aufgrund von Kinderarbeit und sozialen Anliegen verstärkt in die Kritik geraten.

Die steigenden Transparenzanforderungen, denen sich „schmutzige Unternehmen“ in naher Zukunft zunehmend stellen müssen, schaffen eine vielversprechende Perspektive für Investoren, die nicht nur finanzielle Renditen suchen, sondern auch einen positiven Einfluss auf die Welt ausüben wollen. Investoren, die frühzeitig in solche Unternehmen investieren, könnten von langfristigen Werthaltigkeiten profitieren. Regulatorische Anforderungen der EU und wachsende Investorenanforderungen erhöhen den Druck auf Unternehmen, ihre Geschäftspraktiken und Berichterstattung zu verbessern und ESG-Informationen transparent zu machen. Gleichzeitig werden sie für ESG-orientierte Investoren attraktiver, was zu einer steigenden Nachfrage nach ihren Aktien führen kann.

Die Möglichkeit von Kapitalgewinnen in Verbindung mit der aktiven Mitgestaltung der ESG-Agenda dieser Unternehmen macht diese Investitionen äußerst reizvoll. Investoren können aktiv dazu beitragen, den Übergang zu nachhaltigeren und ethischeren Geschäftspraktiken zu beschleunigen, während sie gleichzeitig ihr Portfolio diversifizieren. Mit der steigenden Bedeutung von ESG in der Geschäftswelt wird diese Strategie nicht nur für Investoren, sondern auch für die gesamte Gesellschaft immer relevanter. 

Gemeinsam stärker: Wie Investoren durch Engagement ESG-Fortschritte erzielen

Investoren unterstützen ESG-schwache Unternehmen auf dem Weg zu besseren ESG-Scores, indem sie verschiedene Strategien und Maßnahmen umsetzen:

  • Stimmrechte ausüben: Druck auf Hauptversammlungen ausüben, um Veränderungen zu fordern.
  • Dialog und Engagement: Einen offenen Dialog mit Unternehmensvertretern führen und kontinuierlichen Druck aufrechterhalten.
  • Einbringen von ESG-Resolutionen: ESG-Resolutionen bei Hauptversammlungen einbringen, um spezifische Themen anzusprechen.
  • Teilnahme an ESG-Initiativen: An bestehenden ESG-Initiativen teilnehmen, um Unterstützung und Ressourcen zu bieten.
  • Transparenz und Berichterstattung: Umfassende ESG-Berichterstattung von Unternehmen verlangen.
  • Divestment-Strategien: In Betracht ziehen, Beteiligungen an Unternehmen zu verkaufen, die keine Fortschritte bei ESG-Verbesserungen machen.
  • Zusammenarbeit mit anderen Investoren: Sich mit anderen Investoren zusammenschließen, um kollektiven Druck auszuüben.

Investieren in ESG-Wandel: Potenziale und Perspektiven für Anleger

In einer Welt, die vor drängenden ökologischen und sozialen Herausforderungen steht, haben Privatinvestoren die Möglichkeit, Teil der Lösung zu sein. Sie spielen eine bedeutende Rolle bei der Förderung von ESG-Veränderungen in Unternehmen – insbesondere bei solchen mit niedrigen ESG-Scores. Durch aktives Engagement, Ausübung von Stimmrechten und die Förderung von ESG-Initiativen beschleunigen sie den Wandel hin zu nachhaltigeren Praktiken. Die steigenden regulatorischen Anforderungen, insbesondere im Rahmen der EU-Transparenzoffensive, bieten eine verlässliche Grundlage für Investoren, um fundierte Entscheidungen zu treffen und die Unternehmen zur Rechenschaft zu ziehen. Investitionen in „schmutzige Unternehmen“ sind durchaus auch strategisch klug, da sie nicht nur finanzielle Renditen bieten, sondern auch die Möglichkeit, die Wirtschaft in eine nachhaltigere Richtung zu lenken.

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Was der Finanzstandort Hamburg von Dublin lernen kann

Was der Finanzstandort Hamburg von Dublin lernen kann

Dr. Nicholas Ziegert/ Jan Bringezu

13. Oktober 2023

Die Hamburger Politik und Wirtschaft fragt sich bekanntlich, zitiert nach einer Initiative der Handelskammer, “wie und wovon wir in Zukunft leben wollen”.

Hamburg steht nach Jahrzehnten des Aufs und Abs der Wirtschaft wieder einmal vor wichtigen Weichenstellungen, so auch in der Weiterentwicklung des Finanzstandortes.

Die Finanzindustrie in Hamburg ist bisher geprägt durch einen respektablen Banken- und Versicherungsstandort, einer Börse mit jahrhundertealter Tradition und einer neu entstandenen Szene von FinTechs. Um die Jahrtausendwende wurde der Finanzplatz auch durch prosperierende Emissionshäuser mitgeprägt, die Schiffe, Immobilien, Infrastruktur und erneuerbare Energien finanziert haben. Die enge Verbindung der Finanzindustrie mit Handel und Industrie in Hamburg war immer ein wichtiges Kennzeichen, anders als in anderen Metropolen und Finanzzentren in der Welt, deren Bezug zur Region und Realwirtschaft oft nicht mehr allzu stark ist.

Wachstum passiert jedoch nicht von selbst. Es ist Zeit, über ein neues Leitbild, zumindest aber über neue Ideen für den Finanzplatz Hamburg nachzudenken, der im nationalen Ranking zunehmend unter Druck gerät. Diese Aufgabenstellung wurde bereits mit dem Masterplan Finanzwirtschaft aufgenommen, der von der Hamburger Finanzbehörde, der Handelskammer und dem Finanzplatz e.V. erstellt wurde und eine Reihe von Initiativen enthält. Hierzu gehört auch die stärkere Vernetzung mit anderen Finanzstandorten in Europa und der Welt. Delegationsreisen nach Israel und Brüssel bildeten hier einen vielversprechenden Auftakt.

Unter der Leitung von Finanzbehörde und Handelskammer besuchte dementsprechend eine Delegation der Hamburger Finanzwirtschaft (Vertreter von aus Politik, Hochschulen, Banken, Versicherungen, FinTechs, Asset Managern und Beratung) im September 2023 für zwei Tage die irische Hauptstadt Dublin, um zu sehen, welche Merkmale und Initiativen des Finanzstandortes möglicherweise auf Hamburg übertragbar sind oder in Hamburg aufgesetzte Maßnahmen bekräftigen können.

Die nachfolgend beschriebenen Eindrücke geben keine abgestimmte Position, sondern persönliche Eindrücke der Autoren wieder.

Irland mit dem Schwerpunkt auf Dublin kann man sicher als Start-up-Nation bezeichnen, wie etwa Israel oder Singapur, die innerhalb eines halben Jahrhunderts, ohne Bodenschätze oder eine starke Basis in der Industrialisierung, moderne Wirtschaftsnationen aufgebaut haben.

Vom Armenhaus Europas zum High-Tech-Standort

Irland hat erst vor knapp hundert Jahren (1922) nach einem blutigen Unabhängigkeitskrieg und Bürgerkrieg die formelle Unabhängigkeit von Großbritannien erlangt. Das Land war im 19. Jahrhundert mehrmals von Hungersnöten und damit zusammenhängenden Auswanderungswellen gebeutelt und hat dadurch fast 2 Mio. Einwohner verloren. Es verblieb eine Gesamtbevölkerung von zeitweise weniger als 3 Mio. Einwohnern. Land- und Schafwirtschaft und ein paar Werften prägten das für europäische Verhältnisse arme Land. 

Fährt man heute durch Dublin, wechseln sich alte georgianische Gebäude mit den hypermodernen Glaspalästen von Tech-Unternehmen wie LinkedIn, Google oder Zendesk ab. Junge Leute dominieren das Straßenbild (Irland hat die jüngste Bevölkerung Europas). 22% der Arbeitnehmer in der Tech-Industrie (bzw. 17% aller Arbeitnehmer) stammen nicht aus Irland; LinkedIn zählt sogar 55 verschiedene Nationalitäten an ihrem Standort in Dublin. 17 der 20 weltweit größten Banken haben Niederlassungen in Irland, das Bildungsniveau ist vergleichsweise hoch und die Bevölkerung hat sich in den letzten Jahrzehnten wieder auf 5 Mio. Iren erholt.

Steuerregime und attraktive Standortfaktoren

Dass diese Erfolge nur an der – aus kontinentaleuropäischer Sicht als Offshore-Standort – verschrienen Niedrigsteuerpolitik liegt (Körperschaftssteuersatz von 12,5%), ist sicher in dieser Einfachheit eine Legende. Wahr ist, dass 1987 auf einem alten Werftgelände (Dublin Docklands) ein neuer Finanzdistrikt errichtet wurde und ausländische Finanzinstitute mit einer niedrigen Sondersteuer von nur 10% (in der Zwischenzeit wieder 12,5 %) angelockt wurden. Als Hamburger mag man sich da entfernt an die erfolgreiche Geschichte der Speicherstadt und deren Zollfreiheit als Freihafen erinnern, die im 19. Jahrhundert dem Deutschen Reich, zu deren Zollunion Hamburg gehörte, abgerungen wurde.

Die Attraktivität eines Standortes setzt sich natürlich aus vielen Faktoren zusammen und ist aus unterschiedlichen Perspektiven zu beantworten.

Für ausländische Arbeitnehmer gibt es – neben einem auch interessanten niedrigen Steuersatz – eine ganze Reihe von Vorteilen im Land. Englisch macht es vielen leichter, Fuß zu fassen. Integrationsprogramme für Neuankömmlinge vereinfachen den Start. Ein wesentlicher Faktor ist, dass ausländische Arbeitnehmer nicht einem Arbeitgeber „ausgeliefert“ sind. Da es im Tech- und Bankenbereich ein umfassendes Jobangebot gibt, müssen sich Arbeitnehmer bei einem Jobwechsel- oder Verlust nicht gleich mit einem Rückzug in das Heimatland befassen, sondern finden ausreichend Alternativen in Irland. Dies gilt auch für betroffene Familienmitglieder oder Partner.

Was Unternehmen anlockt

Der Zuzug von Firmen startete vor Jahrzehnten mit US-amerikanischen Konzernen, die einen ersten Fuß in die EU setzen wollten. Es folgten Banken, Versicherungen, Vermögensverwalter und andere Finanzkonzerne, freilich auch wegen der steuerlichen Vorteile. Aber es konnte sich auch ein Talentpool bilden, der später durch die Tech-Szene, die inzwischen besonders umworben ist, genutzt wird. Zwar sind Uniabsolventen auch ein wesentlicher Talentpool, für professionelles Wachstum benötigen Konzerne gleichermaßen berufserfahrene Praktiker.

Parallel zu der hohen Dichte an Finanz- und Tech-Firmen (die Abgrenzung verschwindet immer mehr) entwickelte sich auch eine professionelle Finanzaufsicht. Diese sei nicht, wie einige denken, durch besonders laxen Umgang mit den Finanzinstituten interessant, sondern – so sagte man uns -, weil sie selbst hochqualifizierte Prüfungen durchführt, die nach außen für die geprüften Finanzunternehmen quasi ein Gütesiegel darstellen. Zudem ist nicht zu vergessen, dass in Irland lizensierte Banken und Zahlungsdienstleister aufgrund des sog. Passportings EU-weit tätig sein können und Irland demnach für nicht-europäische Finanzdienstleister das naheliegende Tor nach Europa darstellt.

Außerdem stellt die Central Bank of Ireland z.B. einen Innovations-Hub zur Verfügung. Dieser stellt keine regulatorische Sandbox dar, innerhalb derer FinTechs mit reduzierten regulatorischen Anforderungen operieren könnten, sondern einen Ort, an dem ein intensiver Austausch mit der Finanzaufsicht über Innovationen stattfindet, und der so zur Qualität neuer und wachsender FinTechs beiträgt.

Die Regierung initiiert zudem Innovationsförderprogramme wie IDA Ireland: Ireland’s Foreign Direct Investment (FDI) Agency, die früher Textilwirtschaft und heute hochskalierbare digitale Geschäftsmodelle in Irland anzusiedeln hilft. Es ist interessant zu sehen, wie die IDA genau analysiert, welcher Typ Unternehmen zu den Wachstumszielen Irlands beitragen kann, und wie diese angelockt werden können.

Soft Facts

Daneben spielen eine Reihe von weiteren “Soft Facts” eine Rolle, die Dublin für qualifizierte Ausländer attraktiv macht. Selbst an Montag Abenden, klingt spät noch Live-Musik aus den Bars der Innenstadt. Die enge Vernetzung der Finanz- und Tech-Industrie macht gemeinsame Initiativen und Projekte leichter. Und schließlich lässt der stets präsente irische Humor und tief verankerte Optimismus („today is a shitty day; but tomorrow is going to be the best day“) ein jedes Problem etwas leichter aussehen.

Was können wir aus Hamburger Perspektive mitnehmen?

Es stellt sich nun die Frage, was wir von diesem Trip nach Dublin und den dort gemachten Erfahrungen mitnehmen können und auf „Hamburg, unsere Perle“ anwenden können.

Beeindruckt waren wir alle nicht nur von Humor und Optimismus, sondern auch von der riesigen Zustimmung, die die europäische Idee und damit auch die EU in Irland erfahren (mehr als 85 % Zustimmung zur EU). Zudem haben extremes Gedankengut und extreme Parteien weniger als 1 % Zustimmung. Beides ist leider derzeit in Deutschland und abgestuft auch in Hamburg so nicht der Fall und es erfordert viel gemeinsamer Arbeit pro Europa und gegen Nazis. Bei beidem helfen Erfolgsgeschichten und für diese haben wir einige Impulse und Ideen nach Hamburg mitnehmen können.  

Die Macht, Steuern zu setzen ist für die Freie und Hansestadt im Wesentlichen auf die Gewerbe- und die Grunderwerbsteuer begrenzt. Körperschaftsteuersätze werden in Berlin entschieden. Trotzdem zeigen viele Beispiele großer Ansiedlungen ausländischer Konzerne in Deutschland (Tesla in Brandenburg, Intel in Sachsen-Anhalt), dass konkurrenzfähige Rahmenbedingungen geschaffen werden können. Zudem ist allen Unkenrufen zum Trotz das deutsche Sozialsystem und das Gesundheitswesen ein Standortvorteil für die Ansiedlung ausländischer Talente, ohne die Investitionen ausländischer Konzerne nicht möglich wären.

Was können wir in Hamburg jedoch konkret für den Ausbau des Finanzstandortes tun und die Attraktivität für Ansiedlungen weiter steigern? Mit dem Masterplan, dem Innofintech-Förderprogramm und der Gründung der FCH Finance City Hamburg GmbH ist bereits Einiges getan worden, nur zeigt das Feedback aus Dublin (und auch bereits das von der Delegationsreise 2022 nach Israel), dass diese Maßnahmen allein und in dem aktuellen Umfang nicht ausreichend sind.  

Nachholbedarf oder Optimierungsmöglichkeiten sehen wir in folgenden Feldern:

  1. Bestehende Innovations- und Förderprogramme sollten ständig mit anderen Initiativen verglichen werden. Zudem ist immer wieder zu prüfen, ob diese Programme auch tatsächlich den Bedarf der Unternehmen, der potenziellen Kunden sowie der Stadt / Metropolregion treffen. Bei Bedarf bzw. bei vielversprechenden Optionen sind die Programme zudem anzupassen.
  2. Überall fehlen Fachkräfte, so auch in der Finanzwirtschaft. Dies gilt gleichermaßen für etablierte Anbieter wie auch für Start- und Scale-Ups. Wir haben hier in Deutschland und auch in Hamburg erhebliche Engpässe, die in einigen Bereichen in absehbarer Zeit auch die Aufrechterhaltung des Betriebs wesentlicher Funktionen gefährden können. Wir brauchen langfristig neue Ausbildungskonzepte und kurzfristig zielgerichtete Maßnahmen, um vorhandene Lücken (Know-how und Arbeitskraft) schließen zu können. Pragmatische, zielgerichtete und konzertierte Aktionen von (Hoch)Schulen, Wirtschaft und Politik sind gefragt. 
  3. Hamburg ist durch Handel groß geworden und Handel gedeiht am besten im Rahmen von Kooperationen (früher die Hanse, heute zum Beispiel die EU). Kooperationen sind auch ein Weg, die Finanzwirtschaft in Hamburg nach vorn zu bringen. Die Zusammenarbeit der deutschen Finanzstandorte darf hier für Hamburg nur ein (erster) Schritt sein. Es muss darüber hinaus echte und nicht bloß formelle Partnerschaften mit internationalen Finanzstandorten geben, mit denen man nicht im Wettbewerb stehen muss, sondern vielmehr über Austauschprogramme für Talente, der Zusammenarbeit von Innovation Hubs oder das gegenseitige „Brückenbauen“ für Unternehmen aus dem jeweiligen Partnerstandort Mehrwerte für alle Beteiligten schaffen kann.
  4. Wir müssen schneller werden! Geschwindigkeit u.a. durch Bürokratieabbau ist eine wichtige Aufgabe und auch bei allen Maßnahmen für den (Finanz-)Standort Hamburg unerlässlich, speziell im internationalen Kontext haben wir deutlich Nachholbedarf. Die Dauer zwischen Verabschiedung des Masterplans für den Finanzstandort Hamburg und der tatsächlichen Gründung der Finance City Hamburg GmbH ist hier ein mahnendes Beispiel. Das geht besser, Hamburg!
  5. Die Stadt Hamburg sollte sich auch im Bereich der Financial Services als Innovator sehen bzw. Innovationen fördern und entsprechende Initiativen aktiv unterstützen.

Darüber hinaus sollte Hamburg bewusst die vorhandenen Stärken einsetzen und in Gründungs- und Ansiedlungsfragen betonen.

  1. Die am Standort Hamburg nahezu einzigartige Kombination aus Finanz- und Realwirtschaft ermöglicht Unternehmen aus dem Umfeld der Financial Services direkten Zugang zu vielen relevanten B2B Kunden.
  2. Die ausgesprochene Nähe von Politik und Handelskammer ermöglicht bei allem Optimierungspotenzial im Umfeld der Bürokratie schnellen und direkten Austausch, die Unternehmen zugutekommen kann, die sich mit einer Ansiedlung beschäftigen.

Wir haben gesehen, was mit viel Engagement und Patriotismus möglich ist, und wünschen diese Erfolge auch für Hamburg. Deshalb dürfen wir mit einem Zitat des Ulysses-Autors James Joyce schließen:

“I am tomorrow, or some future day, what I establish today. I am today what I established yesterday or some previous day.” („Morgen werde ich das sein, was ich heute baue. Heute bin ich das, was ich gestern gebaut habe.“). 

Über die Autoren:

Dr. Nicholas Ziegert ist Gründer und Geschäftsführer der OWNLY FinTech GmbH aus Hamburg, die mit OWNLY Family eine Family Office-Software für Privatkunden betreibt und im Rahmen von Individualprojekten Multi-Asset-Reportinglösungen für die Finanzindustrie entwickelt.

Jan Claas Bringezu ist Gründer und Geschäftsführer der Gravning GmbH, einer in Hamburg ansässigen Unternehmensberatung, die sich vor Allem auf den Zahlungsverkehr in sämtlichen Facetten, über alle Kanäle sowie für alle Beteiligten spezialisiert hat. Daneben engagiert er sich u.a. als Mitglied des Ausschusses für Finanzwirtschaft für die Entwicklung des Finanzplatzes Hamburg.

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Das sind die meistgesuchten Kunden der Wealth Manager! Die TOP 10% der deutschen Haushalte.

Das sind die meistgesuchten Kunden der Wealth Manager! Die TOP 10% der deutschen Haushalte.

Dr. Nicholas Ziegert

6. September 2023

In der faszinierenden Welt der Vermögensverwaltung und Finanzelite gibt es eine exklusive Gruppe, die stets im Fokus steht – die oberen 10 % der Haushalte in Deutschland. In diesem Beitrag werfen wir einen genaueren Blick auf diese wohlhabende Elite, ihre Charakteristika, Vermögensverteilung und die tiefgreifenden Veränderungen, die sich inmitten der turbulenten Zeiten der Corona-Pandemie ergeben haben.

Die oberen Zehntausend – dieser Ausdruck klingt nach Exklusivität und Luxus, nach einer Welt voller Privilegien und Möglichkeiten. Doch wer sind eigentlich „die oberen Zehntausend“? Verlässliche Zahlen über diese Gruppe (in Anlehnung an einen Kinofilm aus von 1956) in Deutschland werden selten in ihrer ganzen Tiefe statistisch erfasst. Aber innerhalb der begrenzten verfügbaren Daten gibt es eine wichtige Informationsquelle: Die Deutsche Bundesbank befragt alle drei Jahre deutsche Haushalte und unterteilt sie in Perzentile, was bedeutet, dass sie die Gesellschaft in Abschnitte von jeweils 10 % gliedert. Eine solche Studie wurde kürzlich veröffentlicht und betrachtet die Zahlen aus dem Jahr 2021 – einem Jahr, das von der anhaltenden Corona-Pandemie geprägt war.

Die obersten 5 % bis 10 % der deutschen Haushalte schauen wir uns hierbei genauer an. Warum? Weil sie eine Zielgruppe darstellen, die von großer Bedeutung für das Wealth Management in Deutschland ist. Um in diese exklusive Gruppe zu gehören, muss ein Haushalt mehr als 725.900 Euro an Nettovermögen aufweisen.

Der Phänotyp der Vermögenden: Ein Blick in die Statistiken der Bundesbank

Aus den Statistiken der Bundesbank lassen sich interessante Erkenntnisse über den charakteristischen Haushalt des „Top 10 %“-Vermögens in Deutschland ableiten. Diese Gruppe zeigt bestimmte Merkmale und Muster, die uns einen Einblick in ihr Leben und ihre finanzielle Situation bieten.

  • Geografische Verteilung: Die meisten dieser vermögenden Haushalte befinden sich in Süddeutschland, was auf regionale Unterschiede im Vermögensaufbau hinweisen könnte.
  • Familienstand und Haushaltsgröße: Es handelt sich oft um verheiratete Paare, ob mit oder ohne Kinder. In den meisten Fällen umfasst der Haushalt jedoch nicht mehr als vier Personen. Ab fünf Personen sinkt das durchschnittliche Vermögen statistisch gesehen wieder.
  • Altersstruktur: Die Person im Haushalt mit dem höchsten Einkommen, auch als „Referenzperson“ bezeichnet, ist in der Regel zwischen 45 und 74 Jahre alt. Diese Altersgruppe bildet den Kern des vermögenden Haushalts, wobei es erneut einen Abfall im Vermögen bei den über 74-Jährigen gibt. Dies könnte auf eine gewisse Vermögensreduktion im Alter, etwa durch Vermögensentnahme für den Lebensunterhalt, hindeuten.
    Ein interessanter Aspekt, der in unserer Betrachtung dieser Vermögensklasse noch genauer untersucht werden sollte, ist die mögliche Verbindung zwischen abnehmendem Vermögen ab dem 75. Lebensjahr und vorzeitigen Vermögensübertragungen oder Schenkungen, die eventuell in diesem Lebensabschnitt eine Rolle spielen könnten.
  • Einfluss von Kindern: Überraschenderweise zeigen die Daten, dass Haushalte mit verheirateten Paaren mit und ohne Kinder ähnliche Vermögenswerte haben, zumindest in den obersten 10 %. Kinder scheinen also keinen negativen Einfluss auf den Vermögensaufbau zu haben, entgegen des oft gehörten Witzes „Mein Porsche sitzt auf der Rückbank“. Gleichzeitig führt die Tatsache, dass kinderlose Paare ähnliche Vermögen haben, nicht zu exzessivem Konsumverhalten, das das Vermögen reduziert.
  • Eigenheimbesitz: Die meisten vermögenden Haushalte besitzen Eigenheime, was auf eine enge Wechselwirkung zwischen Immobilienbesitz und Vermögensbildung hinweist. Der Kauf von Immobilien erfordert bereits ein gewisses Vermögen und Einkommen, und steigende Immobilienpreise haben in den letzten Jahren zu einem beträchtlichen Vermögenszuwachs geführt.
  • Finanzierung durch Kredite: Bemerkenswert ist, dass die reichsten 10 % der Haushalte etwa 40 % ihres Vermögens durch Kredite finanzieren. Offensichtlich hat dies einen positiven Einfluss auf die Gesamtvermögensentwicklung. Der Hebeleffekt (Leverage) durch günstige Kredite und die Inflation tragen zur Wertsteigerung bei.
  • Sachvermögen vs. Finanzvermögen: Das Sachvermögen umfasst neben Immobilien- und Unternehmensbesitz auch den Wert von Fahrzeugen, Sammlungen oder Schmuck. Das Finanzvermögen hingegen setzt sich aus Guthaben auf verschiedenen Kontentypen (Giro-, Spar-, Bausparguthaben), Fondsanteilen, Schuldverschreibungen, Aktien, Derivaten, Renten- und Lebensversicherungen sowie bei Vermögensverwaltern verwaltetem Vermögen und Beteiligungen zusammen. Beachten Sie, dass zukünftige Renten- oder Pensionsansprüche in diesen Statistiken nicht erfasst werden.

Der Glanz der Oberen Zehntausend: Ein Blick auf das Wealth Management in Deutschland

Die Wealth Management Branche hat ihre Strategien angepasst, um die Vermögenssituation ihrer Kunden noch präziser zu erfassen. Mit Multi-Asset-Reporting und Beratung im Blick, bieten sie nun eine breitere Palette von Produkten und Dienstleistungen an. Diese reichen von Immobilien bis hin zu unternehmerischen Beteiligungen wie Private Equity, Venture Capital und erneuerbare Energien. Kunden wünschen sich zunehmend ein effizientes Online-Dashboard zur Selbstverwaltung ihrer Finanzen. Dieser Trend hat sich verstärkt, insbesondere im Kontext von Family Offices, die vermögenden Haushalten umfassende digitale Lösungen bieten. Auch Liebhaberinvestitionen wie Oldtimer, Kunst und Yachten finden ihren Platz in dieser neuen Ära des Wealth Managements.

Unter den Top 5 % aller deutschen Haushalte befinden sich brutto (ab 1.218.400 Euro) wie netto (ab 1.107.000 Euro) Millionäre. Es zeigt sich, dass viele von ihnen auch Unternehmer sind, wobei der Median des Vermögens von Unternehmensbesitzern bei 503.600 Euro liegt. Die Bundesbank notiert, dass die Vermögenssituation der oberen 10 % wahrscheinlich noch unterschätzt wird. Die Befragungen berücksichtigen nämlich keine Großvermögen von über 100 Mio. Euro.

Kontinuität und Wandel: Die Vermögensverteilung in Deutschland im Fokus

Trotz einiger geringfügiger Schwankungen bleibt die Struktur der Vermögensverteilung in Deutschland über viele Jahre hinweg ähnlich. Dies bedeutet, dass die Zielgruppe des Wealth Managements nur langsam Veränderungen unterliegt. In diesem Jahr wird die Bundesbank eine weitere Studie durchführen, die die Auswirkungen steigender Zinsen, Inflation und wirtschaftlicher Entwicklungen untersucht.

Obwohl diese Eckpunkte bei der Ansprache von wohlhabenden Kunden hilfreich sind, reichen sie allein nicht aus. In kommenden Artikeln werden wir genauer darauf eingehen, wie das Vermögen der Top 10 %-Haushalte in verschiedene Vermögenswerte aufgeteilt ist und ob sich hier interessante Trends abzeichnen. Erfahren Sie, wie Wealth Manager die Bedürfnisse dieser anspruchsvollen Zielgruppe weiterhin ansprechen und bedienen.

QUELLE: https://www.bundesbank.de/de/publikationen/berichte/monatsberichte/monatsbericht-april-2023-764252. 

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Wie sind neue Geschäftsmodelle im Bereich Banken und Finanzen entstanden? – Und was bedeutet das für die Zukunft?

Wie sind neue Geschäftsmodelle im Bereich Banken und Finanzen entstanden? – Und was bedeutet das für die Zukunft?

Dr. Nicholas Ziegert

25. August 2023

Banken gehören zu den ältesten Unternehmen der Welt – die älteste Banca Monte dei Paschi di Siena wurde 1472 gegründet. Neben Unternehmen, die ein klar fokussiertes Geschäftsmodell haben, wie etwa Brauereien oder Tempelbauer (das älteste Tempelbauunternehmen der Welt – Kongo Gumi – musste leider 2007 nach 1429-jähriger Geschichte den Betrieb aufgeben), mussten sich die Geschäftsmodelle von Banken innerhalb der letzten 2000 Jahre jedoch kontinuierlich an die sich wandelnden Bedürfnisse von Wirtschaft und Privatpersonen anpassen. 

Als “Geschäftsmodell” bezeichnet man nicht nur das Produkt und die Dienstleistung, die angeboten und verkauft wird, sondern auch die Organisation, die dafür notwendig ist.

“Bank” und “Finanzindustrie” sind Sammelbegriffe, die vom Geldwechselgeschäft hin zur modernen Strukturierung von Investmentbanking-Produkten eine Vielzahl von Themen besetzen.

Gern wird von der “dienenden” Funktion der Finanzwirtschaft für die Realwirtschaft gesprochen. Dies suggeriert, dass die Finanzdienstleistungen den Bedürfnissen der Industrie, des Handels und des Dienstleistungssektors einfach folgen. Hat die Finanzindustrie jedoch auch eigene Innovationen hervorgebracht?

Schauen wir uns die Entwicklung einmal an:

Antike:

Geld und Reichtum gab es schon seit der Antike. Könige ließen ihren Reichtum verwalten und Steuern eintreiben. Die Tempel waren schon früh der Ort einer frühen Form der Vermögensverwaltung. Die Gaben der Gläubigen und die Einnahmen aus den Gütern mussten aufbewahrt, registriert und deren Ausgaben organisiert werden. So entwickelten sich schon die ersten Konzepte einer rudimentären Buchführung, von “Konten” und Schulden. Professionelle Buchhalter hießen im antiken Griechenland übrigens Logisthai. Im 19. Jahrhundert wurde die Idee der Tempel als Hort des Geldes in der Architektur neuer Bankgebäude, die mit “Tempelsäulen” geschmückt waren, wieder aufgegriffen.

Mittelalter:

Im Mittelalter entstanden von Italien ausgehend die ersten Banken (“Banca”), die sich auf das Geldgeschäft in Gänze konzentrierten. Früher waren Geldgeschäfte oft Nebenleistungen, die etwa Händler erbrachten, die Geld wechselten und Wechsel ausstellten.

Die vielen Währungen und Münzprägerechte machten es notwendig, dass Geld in andere Währungen getauscht werden konnte. Guthaben wurden zudem nicht mehr ausschließlich in Münzen, sondern als Rechte wie Wechsel oder Schuldscheine ausgegeben, da der Transport von Edelmetall kostspielig und unsicher war. Fürsten und Könige liehen sich für ihre Kriege und ihren Lebensstil gern Geld von reichen Kaufleuten, wie den Fuggern und Welsern. Diese wurden nicht etwa durch die Zinsen (allein) reich, sondern dadurch, dass sie sich als Sicherheiten oder Gegenleistungen z.B. Schürfrechte für Silberminen oder andere Exklusivrechte übertragen ließen. Als Innovation brachten die italienischen Banken u.a. die doppelte Buchführung – neben den arabischen Zahlen – in die Wirtschaftswelt ein.

Neuzeit:

Die Staatenbildung und damit die Staatsfinanzierung wurde in der Neuzeit immer bedeutender. Könige und Staaten konnten sich nicht mehr über Steuern allein finanzieren. Der Aufbau von Verwaltungsapparaten und stehenden Heeren waren teure Angelegenheiten und bedurften erhebliche Geldmengen. Zudem nahm der Handel zwischen den Ländern zu. Dies führte bei Banken zur Gründung von Filialen und Niederlassungen. Die Banken folgten damit einerseits dem Handelsgeschäft ihrer Kunden, andererseits dienten diese Netzwerke von Niederlassungen auch der Informationsgewinnung. Jacob Fugger verfügte und nutzte um 1500 über ein weitreichendes Niederlassungsnetz, das von Italien und Spanien im Süden bis zu den Niederlanden und den ehemaligen Hansestädten im Norden reichte. Fugger drängte mit seinen neuen Ideen auch in die starren Strukturen der norddeutschen Hanse ein, die nicht bereit war, ihre Organisation auf die neue Zeit einzustellen.

Das implizite Leistungsangebot von Banken war deshalb nicht zuletzt die besondere Kenntnis von Marktpreisen bzw. der diese beeinflussenden Faktoren. Wie verlief die Ernte? Kamen die Schiffe mit Gold und Silber aus Übersee unversehrt in den Häfen an? Wer hat eine Schlacht gewonnen? etc. Die Erlangung und Organisation dieses Informationsvorsprunges wurde fortan ein Kern für die Bedeutung der Banken. Und die erste Bilanz nach doppelter Buchführung stellte Matthäus Schwarz, Buchhalter der Familie Fugger, 1511 auf. Diese neuen organisatorischen Gedanken brachte er aus seinem Italienaufenthalt vom dortigen Lehrmeister Luca Pacioli mit, der 1496 ein erstes Standardwerk zur modernen Buchhaltung verfasste.

Industrialisierung:

Während der Industrialisierung wurde noch mehr Geld für Investitionen benötigt und es entstanden große und kleine Vermögen. In Charles Dickens “Nicholas Nickleby” wird das Streben nach Geld und Reichtum im viktorianischen England schön beschrieben, wie etwa der Banker, der Aktien für eine Handelsexpedition an die nichtsahnenden naiven Anleger verkauft. 

Unbestreitbar ist die “Erfindung” der Aktie und die Strukturierung von Aktienemissionen für Industrie- und Handelsunternehmen eine wesentliche Bedingung für die Umsetzung großer Vorhaben, wie dem Bau von Fabriken, Eisenbahnen, Telegrafenleitungen (inkl. derjenigen durch den Atlantik) oder der Ausbeutung von Minen gewesen. 

Privatbanken waren dabei große und bedeutende Faktoren der Wirtschaft und waren bei zahlreichen Gründungen von Konzernen, Großbanken, Reedereien und wirtschaftlichen Vereinigungen maßgeblich beteiligt.

20. Jahrhundert:

Das 20. Jahrhundert war das Zeitalter der Investmentbanker. Zunächst entwickelten sie Finanzierungsstrukturen, wie Anleihe- und Aktienemissionen weiter, internationalisierten sie. Aus Unternehmensverkäufen und Übernahmen, die bei wachsender Zahl und Größe der Industrie- und Handelsunternehmen zunahm, machten sie ein eigenes Geschäftsmodell, was für die Außenwelt jedoch zunehmend schwerer zu durchschauen war. Die großen Dealmaker avancierten zu Stars der Bankenwelt. Die Komplexität der Dealstrukturen wuchs mit der Größe und Komplexität der beteiligten Unternehmen. Kauften Unternehmer früher ihre Wettbewerber noch persönlich bei einem Glas Sherry, sind moderne Übernahmen ohne eine Heerschar von Investmentbankern (und auch Anwälten) auf allen Seiten der Transaktion heute nicht mehr denkbar. Deutschland wachte in dieser Welt spätestens mit dem Börsengang der Deutschen Telekom und der Mannesmann-Übernahme durch Vodafone auf. Sicher entwickelten Banker hier die Techniken ihrer Dienstleistungen weiter und schufen vertrieblich so manchen vermeintlichen Bedarf. Innovationen waren dies jedoch nur bedingt. Gleichwohl wurde die Nutzung der Erfindungen aus der Telekom-Industrie von Banken meist sehr rasch adaptiert, von der Telegrafie, über das Telefon, das Fax und schließlich das Internet.

Das digitale Zeitalter:

In den 1990er Jahren begann das digitale Zeitalter, symbolisiert durch PC und Internet. Skalierbarkeit war das Zauberwort für traumhafte Unternehmenswertentwicklungen. Banken verdienten gut an Aktienemissionen und reich gewordenen Unternehmern, die ihr Vermögen professionell verwalten lassen wollten. Sparer wurden zu Aktionären, zumindest aber zu Spekulanten gemacht. Kreditkarten setzen sich weltweit als globales Zahlungsmittel durch, Onlinebanking reifte und der Aktienhandel in Banken wurde leiser (vom lauten Telefonhandel zum leisen Internethandel) aber in seinen Ausmaßen gewaltiger.

In dieser Zeit nutzten wieder findige Ex-Banker die zeitlichen Vorsprünge (Millisekunden) von Handelssignalen, die über schnelle Leitungen an die Börsen vor den üblichen Kommunikationswegen eintrafen, um im Grunde Insidergeschäfte zu tätigen (siehe “Flash Boys” von Michael Lewis), indem Kauf- oder Verkaufsorder mit Wissen größerer Transaktionsorder, aber sekündlich vor diesen, an der Börse eintrafen. 

Nach der Dotcom- und der Finanzkrise erlebte die Bankenwelt einen erneuten Aufschwung, der von der allgemeinen positiven Wirtschaftslage und einem weiteren Immobilienboom befeuert wurde. Allerdings wurde in diesen guten Geschäftsjahren die eigene technische Erneuerung vernachlässigt.

Und so kamen zunächst viele hundert FinTechs auf den Markt für Finanzdienstleistungen und stießen in die Lücken, die die Banken im Dienstleistungsbereich offen gelassen haben.. RoboAdvisor übernahmen die Vermögensverwaltung, Mobilbanken die einfachen Geldgeschäfte, Personal Finance Software-Anbieter den Informations- und Beratungsservice. Und die Kontoeröffnung ging auch plötzlich ohne den Besuch einer Filiale. Heute sind eine Vielzahl dieser Fintechs mehr wert als viele Banken und schon längst Milliardenkonzerne (Paypal, Nubank (Brasilien 41 Mrd. USD). Auch, wenn viele einzelne Start-ups gescheitert sind, hat die Fintechbranche einen Platz in der Finanzindustrie besetzt, den Banken fahrlässig offen lassen.

Jüngst erhitzte die Diskussion um das Schicksal der Blockchainanwendungen, wie Kryptowährungen und tokenisierte Assets, sowie die Folgen des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz die Gemüter. Auch hier ist klar, dass sich Banken mit diesen Technologien professionell auskennen werden müssen, egal ob als Nutzer, oder als Betätigungsfeld ihrer Kunden.

Und was lernen wir daraus?

Banken und Unternehmen aus der Finanzindustrie gehörten historisch nicht zu den Innovationsvorreitern, wie dies eher typisch in der Industrie bzw. bei Technologieunternehmen war und ist. Aber auch das für fundierte Geschäftsmodelle der Finanzindustrie notwendige “Dienen” erforderte schnelle Anpassungen an moderne Technik, wie wir das vor allem während der Industrialisierung gesehen haben.

Heute sehen wir noch immer, dass viele Finanzinstitute an ihren Strukturen, die an die Industrialisierung und den herkömmlichen Handel angepasst waren, lange festhalten. Der Begriff “Bank” muss heute notwendigerweise die Dienstleistungen umfassen, die der heutigen – innovativen – Wirtschaft und modernen Privatpersonen dienen.

Würden wir heute eine Bank neu erfinden, so wäre folgende Zusammensetzung der Dienstleistungen und Produkte selbstverständlich: Abwicklung aller Internetkäufe, inkl. “pay now, buy later”-Angebote (Bspl. KLARNA), Instant payment (siehe Paypal u.a.) und weltweites Bezahlen, umfassendes Vermögensreporting anhand einer Vielzahl von Schnittstellen, automatisiertes Investieren nicht nur in Wertpapiere (Robos), sondern in alle möglichen – bisher auch alternative Anlagen – genannte Asset Klassen, von Private Equity, über Kryptowährungen und tokenisierten Real Assets, Kreditvermittlungsplattformen mit dem jeweils besten Angebot für die Kunden, blockchainbasierte Abrechnung von Verbrauchsgütern und minutengenaue Abrechnungen, und das alles optimiert mit Künstlicher Intelligenz.

Und diese Dienstleistungen werden schon längst nicht mehr mit Bankgebäuden und Filialen angeboten und auch nicht mehr notwendigerweise mit dem Web-Auftritt von Banken verbunden. Dienstleistungen und Produkte werden dort dem Verbraucher oder Unternehmen angeboten, wo der realwirtschaftliche Prozess stattfindet (Stichwort: embedded finance). Ich kaufe – und die Bezahlung oder der Kredit werden automatisch angeboten. Ich investiere –  und ich erhalte Reporting und Szenarien gleich in meiner Gesamtsicht visualisiert (und die Steuerbehörde wird auch gleich informiert). 

Die Finanzindustrie wird auch im neuen Jahrhundert kein Avantgardist der Innovation. Zum Überleben wird sie sich aber den Innovationen anderer schneller anpassen müssen  – sonst wird sie das Schicksal der norddeutschen Hanse erleiden.

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Die Zukunft des Private Bankings und Wealth Managements: KI-gestützte Text- und Berichterstellung.

Die Zukunft des Private Bankings und Wealth Managements: KI-gestützte Text- und Berichterstellung.

Dr. Nicholas Ziegert, OWNLY FinTech und die KI von conversionmaker.ai

12. Juni 2023

Gliederung

(Eigene Textteile sind kursiv und in anderer Farbe dargestellt, Thema und Gliederung sind vorgegeben. Der übrige Text stammt aus der KI).

Heutzutage spielen künstliche Intelligenz (KI) und Automatisierung eine immer wichtigere Rolle in vielen Branchen, auch im Private Banking und Wealth Management. Insbesondere im Bereich der Text- und Berichterstellung bieten KI-Systeme eine Vielzahl von Möglichkeiten, um Prozesse zu optimieren und die Effizienz zu steigern.

Die Berichterstattung über Finanzthemen schreit quasi nach KI-Unterstützung. Denn eine KI ist außergewöhnlich gut darin, die hohe Menge an unstrukturierten Daten zu verarbeiten und gleichzeitig für den Kunden auf das Wesentliche zu reduzieren. 

Im Private Banking und im Wealth Management kommen ganz unterschiedliche Datenquellen zusammen, die – bisher – von versierten Beratern zu einem einheitlichen Bild zusammengefasst werden.

Daten aus der individuellen Vermögensverwaltung stellt jede Bank bzw. jeder Vermögensverwalter in einer detaillierten Übersicht über die gehaltenen Wertpapiere, die Performance sowie Kosten und Steuern dar. 

Private Equity und Venture Capital Fonds Unternehmen informieren ihre Investoren über – davon getrennte, meist quartalsweise erstellte – Reportings, inkl. sog. Net Asset Values und Cash-Call Daten. Dazu kommen oft direkte Beteiligungen an Unternehmen, Versicherungen, Sammlungen (Kunst, Oldtimer und Antiquitäten) und vor allem unterschiedliche Typen von Immobilien (Eigenheim, Ferienwohnungen, Miethäuser und Gewerbeimmobilien).

Hochvermögende bedienen sich der Unterstützung von Family Offices; weniger Betuchte nutzen Excel, oder Software zur Darstellung von Vermögensaggregation.. Ersteres ist sehr teuer; Letzteres ist mit eigenem Pflegeaufwand verbunden. 

Das Kundenbedürfnis liegt dazwischen. Der Private Banking oder Wealth Management Kunde möchte wissen, wo er jeweils steht, vergleichbar mit dem kurzen Gespräch mit einem Vermögensverwalter, der alle Informationen kennt, diese jedoch prägnant und bewertet vortragen kann. Nicht dagegen soll der Kunde in einer Flut von Details versinken, die oft viel Zeit kosten und “des Pudels Kern” verdecken. 

Auch für Anbieter im Wealth Management ist die qualitativ hochwertige Zusammenstellung von Finanzinformationen immer noch ein personal- und zeitintensiver Dienstleistungsbereich. Daten müssen aus unterschiedlichen Bereichen zusammengetragen, überprüft und vergleichbar gemacht werden. 

Doch wie genau funktioniert das und welche Vorteile bringt die Nutzung von KI-basierten Lösungen für die Kunden und die Finanzinstitute?

1. Die Bedeutung von KI in Private Banking und Wealth Management

Die fortschreitende Digitalisierung hat auch im Bereich des Private Banking und Wealth Management -zumindest international – zu einem verstärkten Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) geführt. Dabei geht es darum, durch den Einsatz von Algorithmen und Machine Learning die Beratungsprozesse zu optimieren und den Kunden eine bessere Servicequalität zu bieten.

Ein wichtiger Anwendungsbereich von KI im Private Banking ist die automatisierte Vermögensverwaltung, auch als Robo-Advisory bezeichnet. Hierbei wird ein Portfolio anhand von individuellen Anlagezielen und Risikoprofilen automatisch zusammengestellt und verwaltet. Dies bietet den Vorteil, dass die Anlageentscheidungen auf einer breiten Datenbasis und objektiven Kriterien basieren und somit rational und transparent getroffen werden können.

Darüber hinaus kann KI auch bei der Analyse von Markt- und Unternehmensdaten eingesetzt werden, um eine bessere Risikoeinschätzung zu ermöglichen und Entscheidungen zu treffen. Hierbei können beispielsweise Big Data Analytics und Natural Language Processing (NLP) genutzt werden, um eine umfassende Analyse von Markttrends und Unternehmensdaten durchzuführen.

Ein weiterer Anwendungsbereich von KI im Private Banking ist die Verbesserung der Kundenkommunikation. Hierbei können Chatbots eingesetzt werden, um eine automatisierte und personalisierte Kommunikation mit Kunden zu ermöglichen. Dadurch können Kundenanfragen schnell und effizient bearbeitet werden, ohne dass ein direkter Kontakt mit einem Berater erforderlich ist.

Insgesamt bietet der Einsatz von KI im Private Banking und Wealth Management eine Vielzahl von Vorteilen, wie beispielsweise eine höhere Effizienz, bessere Risikoeinschätzung und eine verbesserte Kundenkommunikation. Allerdings sollten die Anwendungen von KI stets transparent und nachvollziehbar sein, um Vertrauen und Akzeptanz bei Kunden und Regulatoren zu gewährleisten.

2. Wie KI-basierte Text- und Berichterstellung funktioniert

Künstliche Intelligenz (KI) hat in den letzten Jahren viele Bereiche der Technologie revolutioniert und ist mittlerweile auch in der Text- und Berichterstellung weit verbreitet. 

Zunächst einmal ist es wichtig zu verstehen, dass KI-basierte Text- und Berichterstellung auf maschinellem Lernen basiert. Das bedeutet, dass die KI-Systeme durch die Analyse großer Datenmengen trainiert werden, um Muster und Zusammenhänge zu erkennen. Auf dieser Basis können sie dann Texte generieren, die menschenähnlich klingen und in vielen Fällen sogar besser sind als von Menschen verfasste Texte.

Ein Beispiel für KI-basierte Text- und Berichterstellung ist die automatische Erstellung von Finanzberichten. Hierbei werden große Datenmengen wie Umsatz, Gewinn und Verlust in das System eingespeist. Das KI-System analysiert dann diese Daten und generiert automatisch einen Bericht, der die wichtigsten Ergebnisse und Trends zusammenfasst. Dies spart Unternehmen viel Zeit und Ressourcen, da die Erstellung von Berichten normalerweise viel manuelle Arbeit erfordert.

Dieser Text wurde zum Beispiel teilweise mit einer Software von conversionmaker.ai erstellt. Man wird durch die Erstellung eines Textes von Schritt zu Schritt geführt – Thema, Überschrift, Gliederung, Einleitung, Absätze und Fazit. Es gibt eine Reihe von Vorschlägen, aus denen man auswählen kann. Je mehr Texte sich auf öffentlich verfügbare Informationen beziehen, desto besser funktioniert die KI. Unsere Einschätzung ist, dass für Expertenwissen die KI mit zusätzlichen Daten trainiert werden muss.

3. Vorteile von KI-basierten Texten und Berichten im Vergleich zu traditionellen Methoden

Eine der größten Stärken von KI-basierten Texten und Berichten ist ihre Geschwindigkeit. Während traditionelle Methoden wie manuelle Texterstellung oder die Zusammenstellung von Daten durch menschliche Analysten viel Zeit in Anspruch nehmen, können KI-basierte Systeme große Datenmengen in kürzester Zeit verarbeiten. Dies ermöglicht es Banken und Wealth Managern, sehr schnell u.a. auf ungewöhnliche Bewegungen an den Kapitalmärkten zu reagieren bzw. darüber zu informieren.
KI-basierte Texte und Berichte bieten auch eine höhere Konsistenz als traditionelle Methoden. Menschliche Schreiber können von Tag zu Tag und von Aufgabe zu Aufgabe variieren, was zu Unterschieden in der Qualität und dem Stil der Texte führen kann. KI-basierte Systeme sind jedoch in der Lage, auf der Grundlage von Algorithmen und Regeln eine konsistente Qualität und einen konsistenten Stil zu gewährleisten. Sogar Dialekte und Sprachstile können heutzutage verändert werden.

4. Präzision

Ein weiterer Vorteil von KI-basierten Texten und Berichten ist ihre Präzision. Menschliche Schreiber können Fehler machen, wenn sie Daten manuell sammeln und analysieren. KI-basierte Systeme hingegen können große Datenmengen genau und präzise analysieren und interpretieren, was zu genauen und zuverlässigen Berichten führt. So entfällt auch die lästige Rechtschreib- und Stilkorrektur.

5. Best Practices für die Implementierung von KI in Private Banking und Wealth Management

Folgende Best Practices vor sollten helfen, KI erfolgreich in Ihrem Unternehmen zu implementieren:

5.1. Identifizieren Sie Ihre Ziele und Bedürfnisse

Bevor Sie mit der Implementierung von KI beginnen, sollten Sie sich zunächst klar darüber werden, welche Ziele und Bedürfnisse Sie damit verfolgen möchten. Möchten Sie beispielsweise die Kundenbindung erhöhen oder die Effizienz Ihrer Prozesse verbessern? Wenn Sie Ihre Ziele kennen, können Sie die richtigen Technologien auswählen und die Implementierung entsprechend planen.

So können vor allem aus der Fülle der Informationen aus den Kapitalmärkten Berichte verfasst werden, die in beliebiger Frequenz Kunden per E-Mail oder über Informationsplattformen zur Verfügung gestellt werden können. Für Social-Media Marketer ist dies natürlich willkommen, weil Quantität (bis zu einem gewissen Maße) in diesem Bereich auch eine Qualität ist.

5.2. Stellen Sie sicher, dass Ihre Daten qualitativ hochwertig sind

KI basiert auf Daten. Es ist daher wichtig sicherzustellen, dass Ihre Daten qualitativ hochwertig sind und frei von Fehlern und Ungenauigkeiten. Sie sollten auch sicherstellen, dass Ihre Daten sicher und geschützt sind, um Datenschutzverletzungen zu vermeiden.

In der Anfangszeit wird es jedoch unverzichtbar sein, trotz KI-generierten Texten eine professionelle, menschliche Endredaktion durchzuführen. 

5.3. Testen und optimieren Sie Ihre Systeme regelmäßig

Die Implementierung von KI ist ein kontinuierlicher Prozess. Sie sollten Ihre Systeme regelmäßig testen und optimieren, um sicherzustellen, dass sie effektiv und effizient arbeiten. Sie sollten auch Feedback von Ihren Mitarbeitern und Kunden einholen, um sicherzustellen, dass Ihre Systeme ihre Bedürfnisse erfüllen.

Insgesamt kann die Implementierung von KI im Private Banking und Wealth Management viele Vorteile bieten, darunter eine höhere Effizienz, bessere Entscheidungen und eine verbesserte Kundenbindung. Wenn Sie die oben genannten Best Practices befolgen, können Sie sicherstellen, dass Ihre Implementierung erfolgreich ist und Ihre Ziele erreicht werden.

5.4. Herausforderungen und Risiken bei der Nutzung von KI in der Finanzbranche

Doch mit der Integration von KI in die Finanzindustrie kommen auch Herausforderungen und Risiken, die eng überwacht werden sollten.

Einer der wichtigsten Hürden ist, dass den meisten Finanzunternehmen niemals alle Informationen zur Verfügung stehen, die für ein umfassendes KI-unterstütztes Reporting notwendig wären. Der Private Equity-Fonds hat keinen Zugang zu den Bankinformationen des Kunden; die Bank weiß nicht, welche Immobilien der Kunde hat, und die Versicherung überprüft nur die versicherten Assets. Kurz: Es existiert für fast keinen Vermögenden eine umfassende Datenlage des Gesamtvermögens, auf dem die KI aufsetzen könnte.

Zudem werden die einzelnen Finanzdaten zu einem individuellen Zweck erstellt, wie z.B.  die Performanceberechnung auf der einen Seite, oder die Besteuerung auf der anderen. Hat man die meisten Daten, müssen diese in Bezug auf den Stichtag (oder die Stichminute), den Bewertungszweck und den Erhebungszyklus zunächst aufwändig vereinheitlicht werden.

Mit der Nutzung von großen Datenmengen kommt auch ein höheres Risiko für Datenschutzverletzungen. Unternehmen müssen sicherstellen, dass sie die Daten ihrer Kunden sicher aufbewahren und verarbeiten. Aber auch hierfür wird es bald KI-Unterstützung geben, die potentielle Daten- oder Urheberschutzrechtsverletzungen frühzeitig erkennen können.

KI-Systeme basieren außerdem auf Algorithmen, die aus Daten lernen. Doch wenn diese Daten verzerrt oder unvollständig sind, kann dies zu einem sog. „Bias“ in den Ergebnissen führen. Das bedeutet, dass die KI-Systeme Entscheidungen treffen, die auf Vorurteilen oder unvollständigen Informationen basieren. Unternehmen müssen sicherstellen, dass ihre KI-Systeme unvoreingenommen und fair sind. 

Die Nutzung von KI in der Finanzbranche wird von Regulierungsbehörden beobachtet. So äußert sich die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) u.a. zum Thema des Einsatzes von KI bei Kreditentscheidungen kritisch. Finanzunternehmen müssen deshalb sicherstellen, dass ihre KI-Systeme den Vorschriften entsprechende und transparente Entscheidungen treffen. Wenn Unternehmen die Regulierungen nicht einhalten, können sie mit hohen Strafen und Reputationsschäden konfrontiert werden.

KI-Systeme sind immer noch anfällig für technische Fehler. Wenn ein Fehler in einem KI-System auftritt, kann dies zu schwerwiegenden Konsequenzen führen. Unternehmen müssen sicherstellen, dass ihre KI-Systeme robust sind und über Sicherheitsmechanismen verfügen, um Fehler zu erkennen und zu beheben.

KI-Systeme können Aufgaben schneller und effizienter ausführen als Menschen. Das bedeutet, dass die Einführung von KI in der Finanzbranche zu Arbeitsplatzverlusten führen kann. Unternehmen müssen sicherstellen, dass sie ihre Mitarbeiter auf die Integration von KI vorbereiten und sicherstellen, dass die KI-Systeme die menschliche Arbeit ergänzen und nicht ersetzen.

6. Fazit

Wie bei allen neuen Technologien heißt es, Chancen und Risiken gegeneinander abzuwägen.

Dieser Text, der innerhalb relativ kurzer Zeit entstand, zeigt jedoch die Effizienzvorteile. Dies ist vergleichbar damit, dass Juniormitarbeiter Texte vorbereiten, die vom “Senior” korrigiert werden – nur eben viel schneller und günstiger. 

Zum produktiven Einsatz der KI wird jedoch neues Know-how benötigt, welches viele Banken und Finanzdienstleister erst aufbauen müssen. Sehr kurzfristig wird sich jedoch zeigen, dass diejenigen, die die KI klug einsetzen, massive Wettbewerbsvorteile erzielen werden – sei es bei Kosteneinsparungen oder der Kundengewinnung.

Übrigens: Die Europäische Union und die Mitgliedstaaten arbeiten an einem gesetzlichen Rahmen für den Einsatz von KI. Eine Kennzeichnung wie in diesem Text ist aktuell noch nicht vorgeschrieben, wurde aber vorgeschlagen. Stand heute bleibt der Leser im Unklaren, ob der Text aus der menschlichen oder der Feder der KI stammt.

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Allgemein Blog Post Finanzen

Den Investmentprozess von Family Offices skalieren: Interview mit Robin Binder von Nao 

Den Investmentprozess von Family Offices skalieren: Interview mit Robin Binder von Nao 

Nicholas Ziegert

13. April 2023

In lockerer Folge interviewen wir FinTech-Gründer über ihr Geschäftsmodell, Beweggründe und ihre Sicht auf die Zukunft.

Hierzu dürfen wir heute Robin Binder (29), Gründer des Wealth-Tech Start-ups NAO Co-Investment GmbH, befragen.

NAO hat sich auf die Fahnen geschrieben, professionelle Investmentstrukturen, wie sie beispielsweise Family Offices nutzen, für Privatpersonen zugänglich zu machen. Der Ur-Gedanke von Privatbanken, einen hochwertigen und individuellen Zugang zu Finanzprodukten zu bieten, wird mit NAO einer neuen Generation an Investoren mit neuen Technologien nutzbar gemacht.

Robin war zuvor acht Jahre als Bänker für die UniCredit Bank AG tätig, davon drei Jahre im Rahmen seines dualen Studiums und fünf Jahre als Relationship Manager im MidCap-Bereich. In dieser Zeit arbeitete Robin bereits mit einer großen Breite von Kapitalmarktprodukten im institutionellen Geschäft.

Ab 2020 folgte der Aufbau und die Leitung eines Family Offices für eine süddeutsche Unternehmerfamilie. Robin hat in diesem Rahmen Strukturen für das Investieren in Private Equity, Venture Capital, Immobilien und Kunst umgesetzt.

OWNLY: Lieber Robin, in jungen Jahren hast Du schon einen breiten Erfahrungsschatz in der Finanzbranche sammeln können. Was hat Dich bewogen NAO zu gründen?

Robin: Das Family-Office-Geschäft mit seinen unterschiedlichen Fragestellungen hat mir viel Freude bereitet. Es ist jedoch nicht skalierbar und für die meisten Privatleute wegen des hohen (Kosten-)Aufwandes keine Option. Ich will mit NAO die professionellen Ansätze von Family Offices skalierbar auf meine Generation übertragen. Und hier habe ich keine vergleichbaren Angebote am Markt gesehen.

OWNLY: Wer ist denn Eure Zielgruppe?

Robin: Im Fachjargon nennt man sie “Emerging Áffluents”, also Personen, die ein Vermögen von 100.000 bis eine Million Euro besitzen. Dies sind beispielsweise aufstrebende junge Berufstätige, die bislang von Banken nicht ausreichend mit entsprechenden Produkten bedient werden.

OWNLY: Erklär uns bitte kurz Euer Geschäftsmodell.

Robin: NAO bietet, Kund:innen für unterschiedliche Marktsituation, jeweils passende Investmentprodukte – und dies Asset-Klassen-übergreifend. Professionelle Investor:innen nutzen ja ebenfalls nicht nur steigende Märkte, sondern auch fallende oder sich seitwärtsbewegende Märkte, um attraktive Anlageformen über strukturierte Produkte für sich zu finden. Privatanleger:innen profitieren überwiegend nur bei steigenden Börsenkursen. Hierfür ist jedoch das Know-how notwendig, wie Werte in allen Marktsituationen geschaffen werden können.

NAO ermöglicht Kund:innen, durch ein vielfältiges und kuratiertes Investmentangebot, ein diversifiziertes Portfolio aufzubauen.

OWNLY: Hast Du ein Beispiel für ein solches Produkt?

Robin: Ein Beispiel sind sogenannte Reverse Convertible Bonds. Dies sind im Grunde Aktienanleihen. Der Käufer erhält einen festen Zinssatz über die Laufzeit, der meist über den aktuellen klassischen Anleiherenditen liegt. Die Rückzahlung des Nominalwertes hängt an den vereinbarten Bedingungen. Wenn die Aktienkurse der zugrunde liegenden Werte gestiegen sind oder sich seitwärts entwickelt haben, werden 100% des Anlagebetrags plus die vereinbarten Zinsen zurückgezahlt. Liegt der Kurswert der Aktien unter einem zuvor festgelegten Kurs, der meist unterhalb vom aktuellen Marktpreis liegt, erhält der Anleger die Aktien, allerdings mit dem entsprechenden unrealisiertem Verlust und die vereinbarten Zinsen zurück. Meist ist ein Puffer eingebaut, so dass nur größere Kursverluste der Aktien diese negative Folge auslösen. Mit guter Marktkenntnis und einer positiven Marktentwicklung sind hier durchaus beachtliche Zinsgewinne mit einem interessanten Chance-Risiko-Profil möglich.

OWNLY: Und wie verdient NAO Geld?

Wir werden dafür bezahlt, dass wir Strukturen finden und organisieren, so dass Privatanleger:innen investieren können.

Bei Kapitalmarktprodukten erhalten wir eine marktübliche Vermittlungsprovision von den emittierenden Banken, um deren Produkte für Privatpersonen überhaupt verfügbar zu machen.

Bei alternativen Assets beteiligen sich unsere Kund:innen über Gebühren für die Auflage und Organisation der Investmentstrukturen, um beispielsweise Kosten für speziell für den Investmentzweck aufgelegte Gesellschaften zu decken.

Wenn am Ende der Fondslaufzeiten Renditen erzielt worden sind, erhalten wir zudem eine Gewinnbeteiligung, die in der Fachsprache Carry genannt werden.

OWNLY: Ab wie viel Euro kann man in Eure Produkte investieren?

Robin: Wir haben 1.000 Euro als Mindestanlage festgelegt. Für unsere Zielgruppe ist dieser Betrag ein ernsthaftes Investment; jedoch keines, das bereits ein Klumpenrisiko darstellt.

OWNLY: Wie wählt Ihr Eure Produkte aus? Wie läuft der weitere Prozess?

Robin: Produkte und Produktideen kommen aus unserem Netzwerk. Hieraus leiten wir eine Shortlist ab, die wir eingehender im Team prüfen. Die Strukturen werden von externen Rechtsanwälten geprüft beziehungsweise gestaltet.

Dem Kunden werden alle wichtigen Informationen zu Anlagemöglichkeiten in der Regel durch Produktinformationsblätter transparent dargestellt. Über unsere App hat jeder Kunde jederzeit Zugang zu allen wichtigen Dokumenten und Marktinformationen.

Zudem “educaten” wir unsere Kunden über Video-Tutorials, unseren Blog und zukünftig auch über Fachveranstaltungen, in denen wir persönlich ansprechbar sind. Hiervon versprechen wir uns auch, dass wir von den Erfahrungen unserer Kunden lernen und dies in die Weiterentwicklung unseres Angebotes einfließen lassen.

Durch den Investitionsprozess stehen jederzeit unsere Customer Success Manager Kund:innen zur Seite, die bei Bedarf unterstützen. Eine Anlageberatung bieten wir jedoch nicht an. Der Kunde wählt eigenständig aus unserem Produktangebot aus.

OWNLY: Gibt es jemanden, der Euch beziehungsweise das operative Geschäft kontrolliert?

Robin: Wir haben zum Zweck der Anlage- und Abschlussvermittlung eine Vereinbarung mit einem Haftungsdach – der Donau Capital Wertpapier GmbH – getroffen. Alle regulatorischen Pflichten werden durch diese erfüllt. Zudem bauen wir aktuell ein Beratergremium auf, welches aus namhaften Personen aus dem Banken- und Fintech-Bereich besteht.

OWNLY: Was passiert, wenn ein Kunde ein Produkt vorzeitig veräußern möchte?

Robin: Die Kapitalmarktprodukte haben in der Regel eine Laufzeit von 6-18 Monaten, also einen überschaubaren Anlagehorizont. Dennoch sind diese Produkte täglich veräußerbar. Die das Produkt ausgebenden Banken kaufen ihre Produkte entsprechend der aktuellen Marktpreise zurück.

Fondsprodukte bei alternativen Assets haben meist längere, mehrjährige Laufzeiten. Ein vorzeitiger Verkauf ist nicht vorgesehen. Hier möchten wir in Zukunft einen Sekundärmarkt aufbauen.

OWNLY: Welche Produktangebote plant ihr für die Zukunft?

Robin: Im Grunde wollen wir für die jeweilige Marktphase die adäquaten Produkte und Anlageformen anbieten und damit viele, der im institutionellen Geschäft üblichen Produkte. Hierzu gehören beispielsweise spezielle Kapitalmarktprodukte, die wir über Inhaberschuldverschreibungen zugänglich machen. Private Equity, Venture Capital, Secondaries, Hedge Funds, Fixed Income, etc. stehen ebenfalls auf der Roadmap. Unsere Vision ist eine Plattform aufzubauen, die die Privatpersonen die komplette Bandbreite an Finanzprodukten am Markt zugänglich macht.

OWNLY: Was stellt ihr Euch bei der technischen Weiterentwicklung vor?

Robin: Wir sind fortlaufend dabei, unsere Prozesse und unsere Produkte, insbesondere innerhalb unserer App, fortzuentwickeln. Hierbei hilft uns natürlich Kundenfeedback, aber auch die neuen Technologien, die an Reife gewinnen und die Geldanlage immer digitaler gestalten. Dies gilt für den Informationszugriff, Auswertungen, genauso wie für den Investmentprozess selbst.

Unsere Vision ist es, Techniken des Maschine Learnings und der Künstlichen Intelligenz einzusetzen. Es entstehen hier täglich neue Anwendungsmöglichkeiten, die wir effizient nutzen können.

OWNLY: Wie sieht die Zukunft der Branche – sagen wir in 5 Jahren – aus? Welchen Teil bildet Ihr dabei ab?

Robin: Grundfunktionen der Finanzindustrie, wie die Transformation von Losgrößen, Fristen und Risiken, bleiben auch zukünftig erhalten.

Wir gehen davon aus, dass junge digitale Unternehmen wie NAO, schneller Wege finden, diese Funktionen voll digital, skalierbar und auf die Zielkunden angepasst umzusetzen. Im Kern geht es schlicht um Kosteneffizienz. Hier wollen wir mit NAO mit gutem Beispiel vorangehen und als solches auch wahrgenommen werden.

Lieber Robin,

wir wünschen Dir und dem NAO Team viel Erfolg und danken Dir für Deine Zeit!

Das Interview führte Dr. Nicholas Ziegert, Geschäftsführer, OWNLY FinTech GmbH.

Ihr Download ist bereit.