In lockerer Folge interviewen wir FinTech-Gründer über ihr Geschäftsmodell, Beweggründe und ihre Sicht auf die Zukunft.
Hierzu dürfen wir heute Robin Binder (29), Gründer des Wealth-Tech Start-ups NAO Co-Investment GmbH, befragen.
NAO hat sich auf die Fahnen geschrieben, professionelle Investmentstrukturen, wie sie beispielsweise Family Offices nutzen, für Privatpersonen zugänglich zu machen. Der Ur-Gedanke von Privatbanken, einen hochwertigen und individuellen Zugang zu Finanzprodukten zu bieten, wird mit NAO einer neuen Generation an Investoren mit neuen Technologien nutzbar gemacht.
Robin war zuvor acht Jahre als Bänker für die UniCredit Bank AG tätig, davon drei Jahre im Rahmen seines dualen Studiums und fünf Jahre als Relationship Manager im MidCap-Bereich. In dieser Zeit arbeitete Robin bereits mit einer großen Breite von Kapitalmarktprodukten im institutionellen Geschäft.
Ab 2020 folgte der Aufbau und die Leitung eines Family Offices für eine süddeutsche Unternehmerfamilie. Robin hat in diesem Rahmen Strukturen für das Investieren in Private Equity, Venture Capital, Immobilien und Kunst umgesetzt.
Robin: Das Family-Office-Geschäft mit seinen unterschiedlichen Fragestellungen hat mir viel Freude bereitet. Es ist jedoch nicht skalierbar und für die meisten Privatleute wegen des hohen (Kosten-)Aufwandes keine Option. Ich will mit NAO die professionellen Ansätze von Family Offices skalierbar auf meine Generation übertragen. Und hier habe ich keine vergleichbaren Angebote am Markt gesehen.
Robin: Im Fachjargon nennt man sie “Emerging Áffluents”, also Personen, die ein Vermögen von 100.000 bis eine Million Euro besitzen. Dies sind beispielsweise aufstrebende junge Berufstätige, die bislang von Banken nicht ausreichend mit entsprechenden Produkten bedient werden.
Robin: NAO bietet, Kund:innen für unterschiedliche Marktsituation, jeweils passende Investmentprodukte – und dies Asset-Klassen-übergreifend. Professionelle Investor:innen nutzen ja ebenfalls nicht nur steigende Märkte, sondern auch fallende oder sich seitwärtsbewegende Märkte, um attraktive Anlageformen über strukturierte Produkte für sich zu finden. Privatanleger:innen profitieren überwiegend nur bei steigenden Börsenkursen. Hierfür ist jedoch das Know-how notwendig, wie Werte in allen Marktsituationen geschaffen werden können.
NAO ermöglicht Kund:innen, durch ein vielfältiges und kuratiertes Investmentangebot, ein diversifiziertes Portfolio aufzubauen.
Robin: Ein Beispiel sind sogenannte Reverse Convertible Bonds. Dies sind im Grunde Aktienanleihen. Der Käufer erhält einen festen Zinssatz über die Laufzeit, der meist über den aktuellen klassischen Anleiherenditen liegt. Die Rückzahlung des Nominalwertes hängt an den vereinbarten Bedingungen. Wenn die Aktienkurse der zugrunde liegenden Werte gestiegen sind oder sich seitwärts entwickelt haben, werden 100% des Anlagebetrags plus die vereinbarten Zinsen zurückgezahlt. Liegt der Kurswert der Aktien unter einem zuvor festgelegten Kurs, der meist unterhalb vom aktuellen Marktpreis liegt, erhält der Anleger die Aktien, allerdings mit dem entsprechenden unrealisiertem Verlust und die vereinbarten Zinsen zurück. Meist ist ein Puffer eingebaut, so dass nur größere Kursverluste der Aktien diese negative Folge auslösen. Mit guter Marktkenntnis und einer positiven Marktentwicklung sind hier durchaus beachtliche Zinsgewinne mit einem interessanten Chance-Risiko-Profil möglich.
Wir werden dafür bezahlt, dass wir Strukturen finden und organisieren, so dass Privatanleger:innen investieren können.
Bei Kapitalmarktprodukten erhalten wir eine marktübliche Vermittlungsprovision von den emittierenden Banken, um deren Produkte für Privatpersonen überhaupt verfügbar zu machen.
Bei alternativen Assets beteiligen sich unsere Kund:innen über Gebühren für die Auflage und Organisation der Investmentstrukturen, um beispielsweise Kosten für speziell für den Investmentzweck aufgelegte Gesellschaften zu decken.
Wenn am Ende der Fondslaufzeiten Renditen erzielt worden sind, erhalten wir zudem eine Gewinnbeteiligung, die in der Fachsprache Carry genannt werden.
Robin: Wir haben 1.000 Euro als Mindestanlage festgelegt. Für unsere Zielgruppe ist dieser Betrag ein ernsthaftes Investment; jedoch keines, das bereits ein Klumpenrisiko darstellt.
Robin: Produkte und Produktideen kommen aus unserem Netzwerk. Hieraus leiten wir eine Shortlist ab, die wir eingehender im Team prüfen. Die Strukturen werden von externen Rechtsanwälten geprüft beziehungsweise gestaltet.
Dem Kunden werden alle wichtigen Informationen zu Anlagemöglichkeiten in der Regel durch Produktinformationsblätter transparent dargestellt. Über unsere App hat jeder Kunde jederzeit Zugang zu allen wichtigen Dokumenten und Marktinformationen.
Zudem “educaten” wir unsere Kunden über Video-Tutorials, unseren Blog und zukünftig auch über Fachveranstaltungen, in denen wir persönlich ansprechbar sind. Hiervon versprechen wir uns auch, dass wir von den Erfahrungen unserer Kunden lernen und dies in die Weiterentwicklung unseres Angebotes einfließen lassen.
Durch den Investitionsprozess stehen jederzeit unsere Customer Success Manager Kund:innen zur Seite, die bei Bedarf unterstützen. Eine Anlageberatung bieten wir jedoch nicht an. Der Kunde wählt eigenständig aus unserem Produktangebot aus.
Robin: Wir haben zum Zweck der Anlage- und Abschlussvermittlung eine Vereinbarung mit einem Haftungsdach – der Donau Capital Wertpapier GmbH – getroffen. Alle regulatorischen Pflichten werden durch diese erfüllt. Zudem bauen wir aktuell ein Beratergremium auf, welches aus namhaften Personen aus dem Banken- und Fintech-Bereich besteht.
Robin: Die Kapitalmarktprodukte haben in der Regel eine Laufzeit von 6-18 Monaten, also einen überschaubaren Anlagehorizont. Dennoch sind diese Produkte täglich veräußerbar. Die das Produkt ausgebenden Banken kaufen ihre Produkte entsprechend der aktuellen Marktpreise zurück.
Fondsprodukte bei alternativen Assets haben meist längere, mehrjährige Laufzeiten. Ein vorzeitiger Verkauf ist nicht vorgesehen. Hier möchten wir in Zukunft einen Sekundärmarkt aufbauen.
Robin: Im Grunde wollen wir für die jeweilige Marktphase die adäquaten Produkte und Anlageformen anbieten und damit viele, der im institutionellen Geschäft üblichen Produkte. Hierzu gehören beispielsweise spezielle Kapitalmarktprodukte, die wir über Inhaberschuldverschreibungen zugänglich machen. Private Equity, Venture Capital, Secondaries, Hedge Funds, Fixed Income, etc. stehen ebenfalls auf der Roadmap. Unsere Vision ist eine Plattform aufzubauen, die die Privatpersonen die komplette Bandbreite an Finanzprodukten am Markt zugänglich macht.
Robin: Wir sind fortlaufend dabei, unsere Prozesse und unsere Produkte, insbesondere innerhalb unserer App, fortzuentwickeln. Hierbei hilft uns natürlich Kundenfeedback, aber auch die neuen Technologien, die an Reife gewinnen und die Geldanlage immer digitaler gestalten. Dies gilt für den Informationszugriff, Auswertungen, genauso wie für den Investmentprozess selbst.
Unsere Vision ist es, Techniken des Maschine Learnings und der Künstlichen Intelligenz einzusetzen. Es entstehen hier täglich neue Anwendungsmöglichkeiten, die wir effizient nutzen können.
Robin: Grundfunktionen der Finanzindustrie, wie die Transformation von Losgrößen, Fristen und Risiken, bleiben auch zukünftig erhalten.
Wir gehen davon aus, dass junge digitale Unternehmen wie NAO, schneller Wege finden, diese Funktionen voll digital, skalierbar und auf die Zielkunden angepasst umzusetzen. Im Kern geht es schlicht um Kosteneffizienz. Hier wollen wir mit NAO mit gutem Beispiel vorangehen und als solches auch wahrgenommen werden.
Das Interview führte Dr. Nicholas Ziegert, Geschäftsführer, OWNLY FinTech GmbH.
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