Eine kurze Geschichte des Geldes

Dr. Nicholas Ziegert

23. Februar 2024

1. Tauschwirtschaft

Geld war wahrscheinlich nach der Erfindung des Feuermachens, des Ackerbaus und der Domestizierung von Haustieren eine der wichtigsten Erfindungen der Menschheit. 

Der Grund ist einfach: Geld hat Arbeitsteilung erst in dem Ausmaß für die Menschen  möglich gemacht, dass sich viele Berufe entwickeln konnten. In Anfängen konnte zwar auch die Tauschwirtschaft dem Fischer ermöglichen, Milch vom Milchbauern eingetauscht zu bekommen. Die Tauschwirtschaft hat sich aber nur auf die fundamentalen Lebensgrundlagen bzw. Nahrungsmittel konzentriert und war von Zufällen abhängig, was es gerade gab.

Mit dem Geld, was ein Spezialist, z.B. für das Schmieden erhielt, konnte er alles einkaufen, unabhängig davon, ob z.B. der Milchbauer gerade ein Schwert benötigte. Geld ist also ein universelles Tauschmittel, eine Art Gutschein oder eine Wertaufbewahrung, mit der man sich anderes kaufen kann. 

Bei Homer waren übrigens Rinder eine Grundlage für die Berechnung anderer Gegenstände im Tauschhandel. Der spätere lateinische Begriff pecunia für Geld leitet sich auch deshalb vom Wort für Vieh ab, nämlich pecus.

Der Wandel von Tauschgegenständen zu Geld war fließend. Erst wurden mutmaßlich kleinere, transportable Dinge, die von vielen als wertvoll angesehen wurden, als Geld genutzt. 

Ein schönes Beispiel ist das Muschelgeld bzw. Kaurimuscheln aus Afrika oder Polynesien. In unseren Breitengraden hat man gern Tierfellen, Steinkeilen oder Waffen getauscht. Später fanden die Menschen Edelmetalle wie Silber, Gold oder Bronze und nutzten diese als Geld. 

Dieses sog. Warengeld war nicht nur wichtig vor vielen Jahrhunderten, sondern auch in der Neuzeit in Krisenlagen. U.a. nach dem Zweiten Weltkrieg, als die Reichsmark wertlos wurde, wurde wieder getauscht – und zwar mit Zigaretten.

2. Die Erfindung der Münzen

Als Ursprungsland für die Münzen gilt Lydien (heute der Ostteil der Türkei) vor über 2.700 Jahren. Goldfunde wurden platt geklopft und ein Zeichen von Tieren oder mythologischen Figuren und später des Königs wurde eingeritzt oder gestempelt. Diese Idee erwies sich als so bahnbrechend, dass sich das Prinzip Münze schnell über den ganzen Mittelmeerraum verbreitet hat. Insbesondere die Händler, wie die Phönizier verbreiteten die Münze. Fürsten und Könige prägten gern Münzen mit ihrem eigenen Konterfei, oder alternativ mit denen von Göttern.

3. Das erste Papiergeld

Aber immer schwere Geldsäcke mit sich rumtragen war auch nicht so jedermanns Sache, jedenfalls nicht in China: hier reichten im 10. Jahrhundert Händler Münzen bei Ihren Fürsten bzw. Regierenden ein und erhielten eine Art Quittung aus Papier, die sie fortan auch zum Bezahlen benutzten. Das Papiergeld war erfunden. Es dauerte aber noch ein paar Jahrhunderte, bis sich diese Idee auch in Europa durchsetzte. Marco Polo schrieb in seinen Reiseberichten über das Papiergeld. Er wusste auch, dass die Ablehnung des Papiergeldes in China unter Strafe stand – der Todesstrafe.

Es gibt aber Historiker, die auch schon bei den nord-ost-europäischen Slawen erste Formen von Papiergeld sahen:  Ebenfalls im 10. Jahrhundert nutzten sie dünne Stofftüchelchen als eine Art Ersatz für Münzen.

4. Trennung von Wert des Geldes und Wert des Materials

Mit dem Papiergeld gab es aber bald neue Probleme. Man muss auf den Wert der aufgedruckten Zahl vertrauen. Viel wert war das Papier ja als Stoff nicht. Papiergeld kann man sich also in der Ursprungsform auch als eine Art Kredit an den Herausgeber vorstellen – besichert – hoffentlich durch echte Münzen oder Edelmetalle.

Papiergeld war vielleicht der erste Sündenfall in der Geschichte des Geldes.  Denn, wer die Macht hatte, Werte zu schaffen, indem auf Papier eine Zahl geschrieben wird, war leicht in Versuchung zu führen. Dies galt sowohl für Fürsten und andere Regierende als auch für Fälscher. 

5. Wirtschaftlich

Wirtschaftlich führte Geld dazu, dass sich erstmals so etwas wie Reichtum – und damit auch die Kehrseite , die Armut – bilden konnte. Seit jeher sammelte sich bei denjenigen Personen besonders viel Geld an, die entweder besondere Talente in ihren Berufen, besonderen Geschäftssinn beim Handel, oder auch Ruch-und Skrupellosigkeit bei ihrem Geschäftsgebaren zeigten.

Einer der reichsten Bürger im Spätmittelalter war Jakob Fugger der Jüngere, dessen Vermögen dasjenige vieler Könige um einiges überstieg und er ihnen sogar Geld leihen musste. So ein bißchen wie Hans im Glück waren die Fugger erst Händler, dann verliehen sie Geld, bekamen für ihre Kredite an Königshäuser im Gegenzug Schürfrechte in Silberminen und legten die Erträge hieraus wieder in der Erweiterung ihrer Geschäfte in ganz Europa an.

Damals entstand auch der Zweig der Geldwechsler und Bankiers. Denn jedes Fürstentum prägte eigene Münzen (das sog. Münzregal ist das Recht Münzen zu schaffen). Es gab keine Standards. Und irgendjemand musste feststellen, wie viel eine Münze eines Fürstentums in der Währung eines anderen wert war.

6. Geld als politisches Instrument

Geld war natürlich auch ein politisches Machtinstrument. Auch Fürsten und Könige mussten Waren und Soldaten bezahlen, Geschenke für andere Fürsten kaufen und sich selbst Schlösser finanzieren. Fürsten verschuldeten sich, um Kriege zu finanzieren, machten die Rückzahlung billiger, indem sie Silbermünzen billigere Metalle beimischten. Später druckten Regierungen ihr Geld um ihre Schulden wegzuinflationieren.

Übrigens stammt die Aussage, Geld stinkt nicht: pecunia non olet – von den öffentlichen römischen Latrinen, die schon damals für die Möglichkeit der Verrichtung der Notdurft Geld bzw. eine Gebühr verlangten.

7. Psychologische Wirkung von Geld

Aus der Glücksforschung nimmt man an, dass man etwa ab einem Betrag von heute etwa EUR 70-80.000 Jahreseinkommen durch mehr Geld nicht mehr proportional glücklicher wird. Das sagt uns folgendes: Kein Geld kann unglücklich machen, weil es Nöte hervorruft. Aber ist Geld erstmal für die notwendigen Dinge im Leben da, kann der Status-Effekt auch anders erreicht werden und zum Glück beitragen, wie etwa durch Applaus, öffentliche Anerkennung, sportliche Leistung, Liebe, kreativer Ausdruck etc.

Aber es ist schon richtig, dass der Status, der aus Geld erzielt wird, für Viele wichtig bleibt, weil es einfach eine einfache Messgröße ist. Zwar zeigt heutzutage niemand sein Bankkonto öffentlich. Aber durch das Zeigen von Luxusgegenständen bzw. eines luxuriösen Lebensstils versteht die Umwelt natürlich schon, wie es mit dem Zaster so steht.

Übrigens gab es bis vor etwa hundert Jahren in vielen Städten – auch in unserer Heimatstadt Hamburg – ein öffentliches Steuerregister, in dem die Zahler der höchsten Steuern (und damit mit den höchsten Einkommen) aufgelistet wurden. Dies war so ein bisschen wie die “500 Reichsten Deutschen”- Liste des Manager Magazins – nur eben offiziell. Ich suche seit Jahren nach einem der letzten Bände dieses Steuerregisters für Hamburg – bitte melden, wer eines zu verkaufen hat!

Geldscheine und Münzen sind aber auch Träger von wichtigen Themen der Regenten oder Nationen.

In der Zeit vor dem Euro, als wir noch Kronen, Lira, Forinth und die Deutsche Mark hatten, sah man die kulturelle Vielfalt Europas schon auf den Geldscheinen. Sie erzählen fast immer die Geschichte eines Landes, oder was dem Land wichtig ist. Zwar bebildert auch die Europäische Union unseren Euro mit wichtigen Bildern aus den Mitgliedstaaten. Die Vielfalt von früher ist jedoch nicht mehr erreicht.

Wichtige Gebäude (in Ägypten die Pyramiden natürlich), Personen (in England die Queen, in Deutschland Clara Schumann oder Carl Friedrich Gauß), oder Ereignisse werden so dargestellt. Taiwan hat die Ausgabe der ersten Taiwanwährung im Jahr 1949 50 Jahre später durch Abbildung dieser Geldscheine auf aktuellen Banknoten gewürdigt und fördert damit den Nationalstolz der relativ jungen Nation.

8. Heute

Heute wacht die Europäische Zentralbank über unser Geld. Sie steuert die Geldmenge – sowohl diejenige, die als Papiergeld im Umlauf ist, als auch das auf Bankkonten befindliche Geld.

Es hat sich nämlich die Erkenntnis durchgesetzt, dass etwas so wichtiges wie Geld nicht in die Hände von Politikern bzw. Regierenden gehört (siehe oben, die Bundesbank agiert weisungsunabhängig von der Bundesregierung). Deshalb ist die EZB auch unabhängig von politischen Weisungen. Sie soll als Grundlage für die Europäische Wirtschaft Stabilität im Euro halten – mal mehr mal weniger erfolgreich. Als Ziel ist etwa eine Inflation von etwa zwei Prozent vorgesehen. Um diesen Wert schwankte der Euro auch lange – bis die Schuldenkrise Südeuropas, Corona und jetzt die durch den Ukrainekrieg entstandene Inflation von in der Spitze 8% hochschnellen ließ. Das ist aber verglichen mit der Hyperinflation aus den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts immer noch zahm. Und die Inflation ist jetzt ja auch wieder deutlich gesunken.

Das Geld wird im Wesentlichen über die Geschäftsbanken in den Wirtschaftskreislauf gebracht, indem diese mal leichter, mal schwerer – also günstiger oder teurer – sich selbst refinanzieren können. Das steckt auch hinter den oft in den Nachrichten genannten Informationen über Erhöhung oder Absenkung der sog. Leitzinsen. Wird der Leitzins durch die EZB – oder in den USA durch die FED (US Federal Reserve) – erhöht, wird es für Banken teurer sich zu refinanzieren. Sie können dadurch weniger Kredite an Wirtschaftsunternehmen vergeben, die dadurch weniger investieren oder an die Arbeitnehmer auszahlen können. So wird die Inflation gebremst – aber eben auch die Wirtschaft. Wird der Leitzins gesenkt, kann die Wirtschaft wieder richtig loslegen, aber die Inflation mag auch schneller ansteigen. Letzteres wäre nicht so schlimm, wenn die Gehälter im gleichen Maße stiegen. Der Automatismus existiert aber leider nicht. Ärmere Bevölkerungsschichten leiden deshalb oft mehr durch eine hohe Inflation, weil alles teurer wird, als dass sie von einem Wirtschaftsboom profitieren. Hier müssen die Gewerkschaften dann ran und in Lohnrunden einen Ausgleich zur Inflation aushandeln.

9. Geld in Zukunft

Währungen sind in der jüngsten Vergangenheit weniger neu geschaffen, jedoch auch weniger verschwunden als in früheren Jahrzehnten und Jahrhunderten. Was sich jüngst verändert hat, ist der digitale Weg, den das Geld als “Wertverrechnungsgröße” nimmt, über eine Smartwatch an der Supermarkt-Kasse, oder über wenige Klicks im Internet.

Bitcoin oder andere Kryptowährungen haben das sog. Fiat-Geld nicht ersetzt. Die EZB wappnet sich jedoch bereits und hat die Einführung eines digitalen Euros angekündigt. Ob und wie dies unser Leben mit Geld verändert, wird die Zukunft zeigen.

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