Junge Menschen wissen genau, wie „es“ geht. Sie lesen jeden Tag die einschlägigen Gründer- und Start-up-Blogs, die nur um sich werfen mit „den 10 besten Strategien fürs Online-Marketing“, den „5 Tipps der Produktentwicklung“, oder den „3 Wegen ein Unicorn zu bauen“.
Diese Artikel strotzen nur so vor Weisheiten und suggerieren, dass man sie für den großen Erfolg einfach nur befolgen muss.
Zugegeben, auch ich finde diese Artikel unterhaltsam und muss manchmal schmunzeln. Aber die Inhalte zu ernst zu nehmen, das geht dann doch zu weit. Trotzdem finden sich immer wieder viele junge Leute und sogar auch Unternehmensberater, die allen Ernstes aus diesen unterhaltsamen Verkürzungen eine echte Weisheit oder Handlungsanweisung machen wollen.
Einer meiner Lieblingsempfehlungen ist diese: Rekrutiere für dein Start-up immer nur die Besten….
Würde ein Unternehmen dies nur ansatzweise berücksichtigen können, gäbe es fast kein Mitarbeiterwachstum bzw. Unternehmenswachstum mehr. Zwar schaffen es immer wieder Unternehmen, eine überdurchschnittliche Qualität von Fachkräften anzuheuern. Einem Start-up, welches froh sein muss, dass überhaupt die vielen Aufgaben erledigt werden, kann sich diesen Luxus kaum leisten.
Was uns zur nächsten Lehre führt: „done is better than perfect“. Deren Idee besteht darin, dass es am Anfang eines Start-ups erfolgswesentlicher ist, voranzukommen, als die perfekteste Lösung zu präsentieren. Ergo müssen „die Besten“, nicht das Beste liefern, sondern vor allem zügig.
Dazu müssen sich die Mitglieder dieser Elite an das „fail fast, fail early“-Dogma halten, welches vor allem bei digitalen Projekten hochgehalten wird. Daran, schnell etwas auszuprobieren und – ähnlich der wissenschaftlichen Methoden – zu falsifizieren und so den Erkenntnisgewinn zu verbessern, ist nichts falsch.
Übersehen wird dabei aber eine der wichtigsten Tugenden von Unternehmern, nämlich das Durchhalten. Die Geschichte des Unternehmertums ist voll von Entwicklern und Erfindern, bei denen nur der lange Atem zum Erfolg führte. Friedrich Krupp, der Urvater des Kruppstahl-Konzerns (später ThyssenKrupp) hatte am Anfang des 19. Jahrhunderts rechte Mühe, nutzbaren Stahl überhaupt herzustellen. Dass daraus eines der mächtigsten Unternehmen des 19. und 20. Jahrhundert werden sollte, beruht sicher zu großen Teilen auf seiner Beharrlichkeit.
Manchmal bedurfte es zudem komplementärer Anwendungen, neue Gesetze, oder schlicht Zufälle, um einen anfänglichen Fehlschlag zum Erfolg werden zu lassen. Nicht nur Coca Cola ging aus einem mäßig erfolgreichen Apotheker-Gebräu hervor und Twitter beruhte auf Statusmeldungen zu einem ganz anderen Projekt, in dem sich die Projektmitglieder gegenseitig über ihre Tätigkeiten informierten. Die Ölindustrie wurde erst dann zur Bonanza, als die Verbrennungsmotoren die Welt eroberten. Der reine Ersatz von Ölen aus Walfett für kleine Lampen war hierzu keine ausreichende Basis.
Eine zu frühe Aufgabe der Entwicklungen hätte alle diese Erfolge nicht ermöglicht. Vielleicht ist die tatsächliche Weisheit doch besser so beschrieben: „halte durch, aber sei dabei flexibel…“.
Timing ist ebenfalls eine Herausforderung. Hält man sich an:
„Wenn du denkst, es sei zu früh, sich mit etwas zu befassen, dann ist es wahrscheinlich schon zu spät“, dann gibt das einen Hinweis darauf, dass Entwicklungszyklen immer länger sind als geplant und, dass eine Idee meist durch mehrere Personen oder Firmen parallel entwickelt werden, die miteinander im Wettbewerb stehen. Ich kann gar nicht mehr zählen, wie viele Entwickler eigentlich auch „facebook“ als Idee in der Schublade hatten.
Der Investor und Gründer Bill Gross hat in einem viel beachteten Ted Talk gezeigt, dass aus den Kriterien „Team“, „Idee“, „Finanzierung“, „Geschäftsmodell“ und „Timing“, letzteres mit Abstand die größte Auswirkung auf den Erfolg eines jungen Unternehmens hat. Warum ist dies so? Timing ist nur ein anderes Wort dafür, dass sich vieles günstig zusammenfügen muss, um ein Erfolg zu werden. Insbesondere müssen die Kunden bereit und in der Lage sein, ein Produkt oder einen Service zu kaufen.
Schließlich höre ich von Außenstehenden oft „think big“, was als Ermutigung für ambitioniertes Wachstum zu verstehen ist. Wer jedoch – wie die meisten – mit Ressourcen haushalten muss, der erinnert sich vielleicht an die Biologie, in der das (zu) schnelle Wachstum zur Instabilität des Organismus führt.
Daumenregeln und Unternehmensweisheiten bleiben wichtig, weil sie zur Reflektion des eigenen Handelns einladen. Ausrichten sollte man die Führung eines Unternehmens oder die Gründung eines Start-ups an ihnen aber natürlich nicht.
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