Sind Self-Made Millionäre psychische Superhelden?

Dr. Nicholas Ziegert/ Jasmine Barendt

21. Dezember 2023

Über eine aktuelle Studie zu den Persönlichkeitsmerkmalen von Self-Made Millionären.

Wie unterscheiden sich Millionäre, die ihren Reichtum selbständig aufgebaut haben (im Gegensatz zu Lotteriegewinnern, Erben, Beschenkten und Ehegatten) in ihrer Persönlichkeit vom Durchschnitt der Bevölkerung? Eine wissenschaftliche Studie aus dem Jahr 2022 von deutschen Wissenschaftlern des Sozio-Ökonomischen Panels hat für den Bereich der Persönlichkeitseigenschaften hier für Aufklärung gesorgt. Befragt wurden 1.100 Millionäre und Millionärinnen mit einem durchschnittlichen Vermögen von EUR 4 Mio.

Orientiert wurde sich bei der Studie an den sog. Big Five der Persönlichkeitsstruktur, ergänzt durch einen neuen, sechsten Faktor. 

Zu den Big Five gehören: 

  1. Offenheit
  2. Gewissenhaftigkeit 
  3. Extraversion
  4. Verträglichkeit 
  5. Neurotizismus 
  6. Der sechste Faktor ist die Risikotoleranz. 

Das Ergebnis der Studie ist, dass Self-Made-Millionäre risikotoleranter, offener für neue Erfahrungen und überdurchschnittlich extravertiert sind. Sie sind aber auch ein wenig überdurchschnittlich beim Kriterium der Gewissenhaftigkeit. Beim Kriterium Verträglichkeit – im englischen agreeableness – findet sich kein Unterschied zum Durchschnitt der Bevölkerung. 

Und schließlich haben Self-Made-Millionäre einen deutlich geringeren Grad an Neurotizismus. Unter Neurotizismus wird vor allem die Art und Weise verstanden, wie eine Person mit negativen Emotionen umgeht. Ein stark ausgeprägter Neurotizismus äußert sich in häufigen und stärker empfundenen Emotionen wie Angst, Anspannung, Nervosität, Unsicherheit oder Verlegenheit. Ein weniger stark ausgeprägter Neurotizismus resultiert hingegen oft in mehr Ruhe und Stabilität und damit oft auch mehr Sicherheit und Zufriedenheit.

Die Autoren der Studie beantworten auch die Frage danach, ob das prototypische Self-Made-Schema, z.B. der niedrige Neurotizismus, nun Basis (englisch viel schöner als “driving force” bezeichnet) oder Ergebnis von Reichtum ist. Hierfür haben sie die Self-Made-Millionäre mit Millionären verglichen, die ihren Reichtum geerbt oder geschenkt erhielten. Auch hier ergab sich ein gewisser Unterschied, wenn auch nicht groß, zugunsten der emotional gegen Einschläge besser gewappneten Self-Made-Millionäre. 

Auch scheint ein Zusammenhang innerhalb der vermögenden Self-Made-Millionäre zu bestehen: Je näher diese Personen dem Prototypen-Persönlichkeitsschema der Self-Made-Millionäre kamen, desto reicher waren sie. Also je mehr eine Person dem risikotoleranten und Self-Made-Millionär Prototypen sie entsprechen, desto reicher sind sie.

Eine hohe Gewissenhaftigkeit bzw. ein hohes Pflichtgefühl, welches man gerne bei Angestellten und Beamten sieht, ist bereits in einer früheren Studie als mit einer höheren Ausrichtung auf Planung und besserem Finanzmanagement verbunden beschrieben worden. Auch dies trägt zu Reichtum bei. 

Quelle: https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0167487012000876?via%3Dihub

Leider führen diese Persönlichkeitsmerkmale nicht automatisch zu großem Reichtum. Zugang zu Kapital, Ausbildung,andere Talente und Fähigkeiten und auch Zufälle bleiben ebenfalls wichtige Faktoren für den überdurchschnittlichen Vermögensaufbau.

Aber bevor wir bei Lehrern und Coaches nach einem Programm zur Formung der “Self-Made-Millionär”-Persönlichkeit rufen, sollten wir uns im Klaren sein, dass insbesondere die hohe Risikotoleranz für eine Gesellschaft auch ein insgesamt größeres Risiko darstellt und wir nicht alle “high risk”-Personen werden sollten.

Insofern hilft es auch zu verstehen, dass an den Persönlichkeitsmerkmalen im Leben nicht mehr viel zu rütteln ist – sie sind über das einzelne Leben hinweg relativ stabil.  Genießen wir also die Vielfalt und arbeiten wir an dem, was wir tatsächlich ändern können.

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